<166> veranlaßte, in der Hoffnung, der Zufall würde eine Gelegenheit zum offenen Bruch zwischen beiden Mächten herbeiführen.
Soviel von seinen geheimen Machenschaften. Was die Vorgänge im Angesicht der ganzen Welt betrifft, so ist durch den Breslauer Frieden festgesetzt, daß beide Kontrahenten ihre gegenseitigen Handelsbeziehungen auf dem Fuße von 1739 belassen und künftig versuchen sollen, die Interessen ihrer Staaten durch eine von beiden Höfen eingesetzte Kommission zu regeln. Ein andrer Artikel bestimmte, daß beide Mächte die auf Schlesien ruhenden Schulden nach Maßgabe ihres beiderseitigen Besitzanteils tilgen sollen. Beides mußte gleichzeitig geregelt werden. Aber der Wiener Hof hat unter Nichtachtung der Verträge auf alle schlesischen Erzeugnisse einen Zoll von 30 Prozent gelegt. Obwohl mehrere preußische Kommissare während ihres Aufenthalts in Wien Vorstellungen erhoben, hat der Wiener Hof jede Art von gütlicher Schlichtung ausgeschlagen, ja kurz nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrages den Zoll auf alle schlesischen Waren auf 60 Prozent erhöht.
Diese Tatsachen werden hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht, damit jedermann über das Benehmen des Wiener Hofes Bescheid weiß. Alle Mächte, die mit dem Wiener Hof über Interessenfragen zu verhandeln hatten, werden in solchen Zügen dessen gewohntes Verfahren erkennen. Jetzt, wo der Wiener Hof sich mit einer der Mächte verbündet hat, die den Westfälischen Frieden garantiert haben, glaubt er, er könne ungestraft alle Reichsgesetze übertreten, die evangelische Freiheit unterdrücken, seinen Despotismus in Deutschland aufrichten, die souveränen Fürsten zu Vasallen im Stil böhmischer Grafen machen, kurz, den Plan ausführen, den Kaiser Ferdinand II. verwirklicht hätte, wäre nicht ein Herzog von Richelieu und ein König Gustav Adolf von Schweden gewesen.
Das Wiener Ministerium glaubt, wenn es erst den König von Preußen gedemütigt habe, werde das übrige ihm leicht fallen. Demzufolge hat es sich zur Ausführung seines Vorhabens gerüstet. Seit dem Frühjahr haben starke Aushebungen stattgefunden; die Kavallerie hat Remonten erhalten. Im Mai wurde bestimmt, daß ein Lager von 60 000 Mann in Böhmen und eins von 40 000 Mann in Mähren errichtet werden sollte. Große Vorräte an Kriegsmunition sind in Prag und Olmütz angehäuft worden. Im Juni erfolgte ein Ausfuhrverbot für Getreide; die Kriegskommissare erhielten Befehl, sich über die Ankäufe mit dem Lande zu verständigen. Im Juli wurden Truppen aus Ungarn nach jenen Lagern geschickt. Das Kriegskommissariat hat bereits mit der Anlage von Magazinen an der sächsischen Grenze begonnen. Da große Heere zusammengezogen, Magazine errichtet und irreguläre Truppen aufgebracht werden, so ist es offenbar, daß dies nicht zur Bildung von Friedenslagern geschieht, wie es seit dem letzten Kriege Brauch ist, sondern zum Angriff auf den König von Preußen und, wenn möglich, zum plötzlichen Überfall. Der Angreifer ist aber nicht der, der den ersten Schuß tut, sondern der, der den Plan faßt, seinen Nachbarn anzugreifen, und dies offen durch seine drohende Haltung kundgibt.