<169> den König von Preußen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit mit überlegenen Kräften zu zerschmettern, um ihn — so lautete der Ausdruck des Originals — auf seine ursprüngliche bescheidene Stellung herabzudrücken. Wir geben alle diese Kraftausdrücke ohne Abschwächung und ohne Veränderung ihrer vornehmen Fassung wieder. Die Schreiben des Grafen Brühl vom 16. Juli und 3. Dezember 1753, sowie vom 9. April 1754 enthalten nichts als hämische Unterstellungen über die angeblichen Absichten des Königs auf Polnisch-Preußen und Hinweise, wie nötig es für den russischen Hof sei, stets ein starkes Heer in Livland und Kurland zu halten. Im August1 fand wieder ein großer Staatsrat in Petersburg statt, ähnlich dem schon erwähnten. Dort wurde kraft der Allmacht, die der Himmel jenem Hof verliehen hatte, der König in Acht und Bann erklärt. Das russische Ministerium bittet das sächsische, zum Trost für die Untätigkeit, in der es verharrt, den Augenblick abzuwarten, wo der Ritter in den Sand geworfen sei, um ihm den Gnadenstoß zu geben. Darauf antwortete Brühl in einem Schreiben vom 11. November 1755 an Herrn Funcke2: „Die Beschlüsse dieser großen Staatsratssitzung sind für Rußland doppelt glorreich, da der gemeinsamen Sache nichts förderlicher sein kann, als die vorherige Festsetzung der wirksamen Mittel zur Vernichtung der übermäßigen Macht Preußens und des unzweifelhaften Ehrgeizes dieses Staates.“

Das Schreiben vom 23. November 1755 an denselben Gesandten lautet wörtlich, wie folgt: „Das Ergebnis der großen, in Petersburg abgehaltenen Staatsratssitzung hat uns sehr befriedigt. Die vertrauliche Mitteilung darüber, die Rußland an alle seine Verbündeten machen möge, wird zur Vereinbarung aller entsprechenden Vorkehrungen und Maßnahmen führen. Man darf es Sachsen nicht verübeln, wenn es angesichts der Übermacht seines Nachbars mit äußerster Vorsicht zu Werke geht und vor allem abwartet, bis es seiner Alliierten und der Mittel zum Handeln sicher ist.“ Das heißt auf gut Deutsch: „Ich bin zu feige, mit meinem Gegner zu kämpfen, aber wenn er am Boden liegt, will ich ihn gern ermorden und meinen Teil an der Beute haben.“

Schließlich lautet das Schreiben vom 23. Juni 1756 an den Gesandtschaftssekretär in Petersburg3, wie folgt: „Die Aussöhnung zwischen den Höfen von Berlin und Petersburg wäre das Entsetzlichste, was geschehen könnte. Er (Brühl) hoffte, Rußland werde so hassenswerten Vorschlägen kein Ohr leihen, und der Wiener Hof werde Mittel und Wege zur Verhütung einer so verhängnisvollen Einigung finden.“

Seit der Bruch zwischen den Höfen von Berlin und Wien wahrscheinlich geworden ist, hat Graf Brühl vollends die Fassung verloren. Der König ließ fünf Regimenter nach Pommern marschieren4. Daraufhin zetern die Sachsen in Paris, in Wien und in Petersburg, Preußen mache so drohende Bewegungen an seinen Grenzen, daß man


1 Vielmehr im Oktober 1755.

2 Der Nachfolger Arnims in Petersburg.

3 Prasse.

4 Vgl. S. 36.