<183> Matrosen für die Flotte und an Getreide aus Livland zur Verproviantierung mangele. Der König lege die Entscheidung über Krieg und Frieden in die Hand der Kaiserin. Wolle sie den Frieden, so verlange er eine bestimmte und förmliche Erklärung, bestehend in der positiven Zusicherung, daß sie den König weder in diesem noch im kommenden Jahre anzugreifen gedenke. Jede zweideutige Erklärung aber werde er für eine Kriegserklärung ansehen. Er rufe den Himmel zum Zeugen an, daß die Kaiserin allein die Schuld an dem unschuldig vergossenen Blute und den unglücklichen Folgen dieses Krieges trage1.
Auf eine so gerechte und billige Anfrage wurde eine noch hochfahrendere und noch weniger befriedigende Antwort als die erste gegeben. Ihre Inhaltsangabe genügt, um der Welt den bösen Willen des Wiener Hofes in seinem ganzen Umfang kundzutun.
Die Antwort lautete, wie folgt:
„Seine Majestät der König von Preußen habe schon seit einiger Zeit die beträchtlichsten und für die öffentliche Ruhe bedrohlichsten Kriegsrüstungen aller Art unternommen, als er es am 26. des letzten Monats für angezeigt gehalten habe, von Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin Aufklärungen über die militärischen Maßnahmen in ihren Staaten zu fordern, die erst auf die verschiedenen Rüstungen Seiner Majestät des Königs von Preußen hin getroffen worden seien. Diese Tatsachen seien ganz Europa bekannt.
Infolgedessen hätte Ihre Majestät, die Kaiserin-Königin, Aufklärungen über Dinge, die dessen nicht bedurften, verweigern können. Trotzdem habe sie sich zur Antwort entschlossen und habe zu dem Zweck Herrn von Klinggräffen in der ihm bewilligten Audienz am besagten 26. Juli Höchsteigen erklärt:
Daß die kritische allgemeine Lage sie zum Ergreifen der Maßregeln veranlaßt habe, die sie für ihre und ihrer Verbündeten Sicherheit für nötig befunden hätte, und die überdies nicht bezweckten, irgend jemand zum Schaden zu gereichen.
Ihre Majestät die Kaiserin-Königin sei ohne Zweifel berechtigt, über die gegenwärtige Lage so zu urteilen, wie sie es für gut befinde, und es stehe ihr allein zu, die ihr drohenden Gefahren einzuschätzen. Im übrigen sei ihre Erklärung so deutlich, daß sie sich nie gedacht habe, daß man sie anders auslegen könne. Gewöhnt, die unter Herrschern üblichen Rücksichten gegen sich ebenso gewahrt zu sehen, wie sie selbst sie wahre, habe sie daher nur mit Erstaunen und wohlberechtigter Empfindlichkeit Kenntnis vom Inhalt der Denkschrift nehmen können, die Herr von Klinggräffen ihr am 20. des Monats überreicht hätte.
Diese Denkschrift sei der Form und dem Inhalte nach derart, daß Ihre Majestät die Kaiserin-Königin, wenn sie dieselbe voll beantworten wolle, sich gezwungen sähe, die Schranken der Mäßigung, die sie sich gezogen hätte, zu überschreiten. Trotz-“
1 Vgl. S. 176 f.