<26> Gräfin hatte ihrem Gatten eine Herrschaft an der ostfriesischen Grenze durch förmlichen Vertrag abgetreten, der sie aber später gereute. Die Richter erkannten auf Sequestrierung. Damit mußte der König von Preußen als Direktor des westfälischen Kreises beauftragt werden. Aber der Wiener Hof übertrug es dem König von Dänemark, der Truppen hinschickte. Die Preußen kamen ihnen jedoch zuvor. Der König von Dänemark ereiferte sich und hätte sich ohne seinen maßvollen Charakter wohl zu Drohungen hinreißen lassen. Schließlich wurde der Streit durch Vermittlung Frankreichs geschlichtet. Der König von Dänemark und alle Welt war darüber froh, aber die streitsüchtige Gräfin Bentinck brach den Vergleich, den man für sie zustande gebracht hatte, und strengte persönlich in Wien einen Prozeß an. Indes wurde sie von dort ausgewiesen, weil sie den unsinnigen Plan des Herzogs von Württemberg, die Erzherzogin Elisabeth zu entführen1, begünstigt hatte. Nun kehrte sie in ihre Grafschaft zurück, und da sie niemanden bereitfand, sich weiter in ihre Angelegenheiten zu mischen, so kam ihr Prozeß nie zum Austrag.

Es war, als ginge während des Friedens ein Geist der Zwietracht in Europa um und gefiele sich darin, Uneinigkeit zwischen allen Höfen zu stiften. Der König von Preußen bekam Streitigkeiten mit England, die fast zu einem Bruche geführt hätten. Während des letzten Krieges hatten englische Kaper einige preußische Kauffahrteischiffe aufgebracht. Die Engländer waren in eigener Sache Richter und Partei, und so erklärten ihre Admiralitätshöfe die Schiffe für rechtmäßige Prise. Der König ließ dem Londoner Hofe entsprechende Vorstellungen machen und trat in Unterhandlungen. Die Engländer gaben jedoch nicht nach und kümmerten sich wenig um die juristisch begründeten Darlegungen über die Ungesetzlichkeit ihres Verfahrens. Nachdem alle Mittel der Güte erschöpft waren, blieb zur Schadloshaltung der preußischen Untertanen nichts anderes übrig als die Beschlagnahme der Summen, die der König nach den Bestimmungen des Breslauer Friedens2 den Engländern schuldete. Es handelte sich um die Zurückerstattung einer Summe von 1 800 000 Talern, die das Haus Österreich zur Führung des Türkenkrieges von 1737/38 auf Schlesien aufgenommen hatte. Nun wurde der letzte fällige Betrag in Höhe von 300 000 Talern zurückgehalten. Die Engländer ereiferten sich, und es kam beiderseits zu recht lebhaften Auseinandersetzungen. Auch gab sich der österreichische Gesandte in London3 alle Mühe, den Streit zu vergiften, und vielleicht hätte das schlimme Folgen gehabt, wäre nicht zwischen Frankreich und England ein viel ernsterer Streit wegen Kanadas ausgebrochen, der die Aufmerksamkeit ablenkte4.

Selbst der Herzog von Mecklenburg5 nahm es sich im Vertrauen auf den Schutz des kaiserlichen Hofes heraus, dem König Scherereien zu machen, und zwar aus


1 Über den Plan ist Näheres nicht bekannt.

2 Vgl. Bd. II, S. 120.

3 Graf Karl Colloredo.

4 Vgl. S. 29 ff.

5 Christian Ludwig.