<37>port der Lebensmittel wie für das zahlreiche Geschütz, das bei der Armee gebraucht werden sollte. Kurz, der Wiener Hof traf Vorkehrungen, die eine Macht gewöhnlich nur dann trifft, wenn sie eine andere angreifen will. Die Nachrichten, die der König aus Dresden erhielt, waren voll von Angriffsplänen des Wiener Hofes auf seine Staaten. Auch ergab sich aus ihnen, daß die Kaiserin-Königin mangels eines triftigeren Vorwandes den Streit des Königs mit dem Herzog von Mecklenburg1 als Anlaß zum Kriege benutzen wollte. Der Streit drehte sich zwar nur um eine Bagatelle, auch war die Sache längst beigelegt und begraben. Es handelte sich um das Recht der Rekrutenaushebung in Mecklenburg, das Brandenburg von alters her besessen hatte, das dem Herzog aber nicht mehr behagte. Der König hatte ihm sein gutes Recht nachgewiesen, aber der Herzog wollte nicht nachgeben, und so hatte sich der König selbst sein Recht genommen. Obwohl diese Bagatelle nun schon abgetan war, wollte die Kaiserin sie wieder aufrühren. Sie legte das Vorgehen des Königs als Verstoß gegen die Reichsgesetze und als Verletzung des Westfälischen Friedens aus. Ihre Pflicht wäre es, sich der Sache anzunehmen, die Partei des Herzogs von Mecklenburg zu ergreifen und den Beistand aller Mächte anzurufen, die den Westfälischen Frieden garantiert hatten. Der König erfuhr von diesem Plane, und da sich gleichzeitig drei Armeen an seinen Grenzen zusammenzogen, die von einem Tage zum andern mit einem offenen Bruche drohten, so forderte er vom Wiener Hof eine Erklärung über die Ursache der großen Rüstungen und drang auf eine kategorische Antwort, ob Österreich mit ihm Frieden zu halten oder ihn zu brechen gedächte (18. Juli). Die Antwort des Grafen Kaunitz war unbestimmt und zweideutig2. Offener sprach er sich gegen den sächsischen Gesandten in Wien, Graf Flemming, aus, der den Dresdener Hof von jener Unterredung in Kenntnis setzte. Eine Abschrift seines Berichts wurde unverzüglich von Dresden nach Berlin geschickt. Darin hieß es: „Graf Kaunitz beabsichtigt, den König durch seine Antwort zu beunruhigen und ihn zu reizen, daß er die ersten Feindseligkeiten begeht3.“ In der Tat ergab sich schon aus dem anmaßenden und hochtrabenden Stil deutlich genug, daß die Kaiserin-Königin den Krieg wünschte, aber zugleich wollte, daß der König als der angreifende Teil erschien.


1 Vgl. S. 26f.

2 Für die Anfrage vgl. Anhang, Nr. 5. Die von Kaunitz entworfene Antwort Maria Theresias lautete: „Die bedenklichen Umstände der allgemeinen Angelegenheiten haben mich die Maßregeln für notwendig ansehen lassen, die ich zu meiner Sicherheit und zur Verteidigung meiner Verbündeten ergreife, und die überdies nicht bezwecken, irgend jemand zum Schaden zu gereichen.“

3 Flemming berichtete am 28. Juli 1756 an Brühl: Man zweifle in Wien nicht, daß diese ebenso energische wie dunkle Antwort den König von Preußen sehr in Verlegenheit setzen werde. Ferner halte man für notwendig, mit den begonnenen Maßnahmen fortzufahren und sich in so gute Verfassung zu setzen, „daß der König gezwungen wird, sich entweder mit seinen Rüstungen und Augmentationen bei langsamem Feuer zu verzehren oder, um das zu vermeiden, sich zu übereilten Entschlüssen hinreißen zu lassen, und das scheint man in Wien zu erwarten.“ Eine Abschrift dieses Berichtes schickte der preußische Gesandte in Dresden am 10. August nach Berlin.