<42> daß er Sachsen besetzte, was außerdem den Vorteil bot, daß er den Kriegsschauplatz von der Umgegend von Berlin in Feindesland verlegte. Er beschloß also, den Krieg nach Sachsen zu tragen, sich der Elbe zu bemächtigen und bei der ersten sich bietenden Gelegenheit den Versuch zu machen, die sächsischen Truppen zu entwaffnen. Als einige preußische Regimenter nach Pommern aufbrachen1, nahmen die sächsischen Truppen eine Stellung zwischen der Elbe und Mulde ein. Nicht lange danach rückten sie wieder in ihre gewöhnlichen Quartiere, und bald darauf zogen sie sich abermals in Kantonnementsquartieren zusammen. Alle diese Hin- und Hermärsche vermochten den König nicht zu täuschen. Er wußte genau, daß der Dresdener Hof die Absicht hatte, seine Armee im Lager von Pirna zu versammeln. Da die Sachsen in unangreifbarer Stellung standen, glaubten sie, die verheißene Hilfe der Österreicher mit völliger Sicherheit abwarten zu können. Derweilen hofften sie, die Preußen durch nichtige Unterhandlungen hinzuhalten. Ohne sich also um die verschiedenen Märsche der sächsischen Truppen zu kümmern, blieb der König bei dem Plane, die Armee unverzüglich nach den böhmischen Pässen vorzuschieben.
Der König teilte sein Heer in drei Korps. Zum Vereinigungspunkt dieser Kolonnen wurde Pirna bestimmt. Das erste Korps unter dem Prinzen Ferdinand von Braunschweig marschierte von Magdeburg über Leipzig, Borna, Chemnitz, Freiberg und Dippoldiswalde nach Cotta. Die zweite Kolonne, bei der sich der König befand, schlug den Weg über Pretzsch ein. Prinz Moritz von Dessau nahm Wittenberg, stieß mit seinem Detachement dann wieder zum Hauptkorps und ging bei Torgau über die Elbe. Von da rückte der König über Strehlen und Lommatsch nach Wilsdruff. Dort traf die bestimmte Meldung ein, die ganze sächsische Armee sei nach Pirna marschiert, König August befände sich in Person bei ihr und Dresden sei unbesetzt, obgleich die Königin2 dort zurückgeblieben wäre. Der König von Preußen ließ die Königin begrüßen und rückte mit seinen Truppen in die feindliche Hauptstadt ein. Die Disziplin war so vorzüglich, daß sich niemand zu beklagen brauchte. Die Preußen lagerten in der Nähe von Dresden, rückten am folgenden Tage gegen Pirna vor und nahmen Stellung zwischen Elbe, Groß-Sedlitz und Zehista. Die dritte Kolonne unter dem Herzog von Bevern3 marschierte durch die Lausitz. Bei Elsterwerda stießen 25 Schwadronen Kürassiere und Husaren aus Schlesien zu ihr, dann rückte sie über Bautzen, Stolpen und Lohmen weiter. Gleichzeitig erreichte Prinz Ferdinand Cotta. Somit waren die sächsischen Truppen durch die Vereinigung der drei Kolonnen in der Gegend von Pirna auf allen Seiten umzingelt. Trotzdem die verschiedenen Heere sich so dicht gegenüberstanden, kam es doch zu keinem Zwischenfall, keiner Feindseligkeit. Die Sachsen ertrugen ihre Aushungerung mit großer Artigkeit, und jede Partei war bemüht, ihre Stellung nach Möglichkeit zu befestigen. Um Zeit zu gewinnen, fing der König von Polen Unterhandlungen an, denn es war für die Sachsen
1 Vgl. S. 36.
2 Maria Josepha.
3 August Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Bevern.