<87>gang über die Weser für schwieriger als über den Rhein hielten, sollte der Herzog von Cumberland dem Gegner erst hinter der Weser die Spitze bieten. Aus diesem Grunde ließ er seine Truppen auf Brücken, die bei den Dörfern Rehme und Vlotho geschlagen waren, über den Fluß gehen (16. Juni). Zugleich gab er Befehl zur Befestigung von Münden und Hameln, woran er auch früher hätte denken können.

Die Franzosen rückten bis Corvey vor. Eines ihrer Detachements ging über die Weser und zwang den Herzog zur Änderung seiner Stellung. Er lagerte sich nun mit dem rechten Flügel bei Hameln, mit dem linken bei Afferde. Zugleich ließ der Herzog von Orléans bei Münden Brücken zum Überschreiten der Weser schlagen. In der Erwartung eines baldigen Angriffs zog der Herzog von Cumberland alle seine Detachements an sich und sammelte sie bei Hastenbeck, dessen Lage man ihm als hervorragend geschildert hatte. Der rechte Flügel der Armee war hier gut angelehnt, aber das Zentrum stand in einem Bogen und hatte ein Gehölz vor sich, in dem sich eine ziemlich tiefe Schlucht befand. Die Franzosen rückten heran. Der 25. Juli verstrich mit Rekognoszierungen von seiten d'Estrées' und mit einer Kanonade von seiten des Herzogs von Cumberland.

Am nächsten Morgen drangen die französischen Truppen unbemerkt durch die erwähnte Schlucht in das Gehölz, griffen den linken Flügel des Herzogs an und eroberten die Batterie im Zentrum der Verbündeten. Mit dem Degen in der Hand gewann der Erbprinz von Braunschweig1 sie zurück und zeigte durch diese erste Probe, daß ihn die Natur zum Helden bestimmt hatte. Zugleich bricht ein hannöverscher Oberst Breidenbach aus eignem Antrieb vor, sammelt die ersten besten Bataillone, dringt in das Gehölz ein, fällt den Franzosen in den Rücken, treibt sie in die Flucht und nimmt ihnen ihre Kanonen und Fahnen ab. Jedermann glaubt, die Schlacht sei für die Verbündeten gewonnen. D'Estrées sieht seine Truppen in Unordnung geraten und gibt Befehl zum Rückzug. Der Herzog von Orléans widerspricht. Schließlich erfährt man zum großen Erstaunen der ganzen französischen Armee, daß der Herzog von Cumberland sich in vollem Rückmarsch auf Hameln befinde. Nun mußte der Erbprinz die so ruhmvoll zurückeroberte Batterie wieder preisgeben. Ja, der ganze Rückzug erfolgte so überstürzt, daß man sogar den tapferen Oberst Breidenbach, der sich in der Schlacht so ausgezeichnet hatte, völlig vergaß. Der wackre Offizier blieb allein Herr des Schlachtfeldes und brach erst in der Nacht auf, um sich der Hauptarmee anzuschließen. Als er dem Herzog seine Siegesbeute überbrachte, weinte dieser vor Verzweiflung über die voreilige Räumung des Schlachtfeldes, dessen Besitz ihm niemand streitig gemacht hätte. Aber trotz aller Vorstellungen von seiten des Herzogs von Braunschweig2 und einiger Generale war er von der Fortsetzung des Rückzuges nicht abzubringen. Er marschierte zuerst nach Nienburg, dann nach Verden und weiter


1 Karl Wilhelm Ferdinand. Er trat 1773 als General der Infanterie in die preußische Armee. In der Schlacht bei Auerstädt schwer verwundet, starb er am 10. November 1806.

2 Herzog Karl befand sich bei der alliierten Armee, die er am 31. Juli 1757 verließ.