<98> suchen, um ihm den Übergang über die Saale abzuschneiden. Nun aber stand die preußische Armee Merseburg viel näher als die Franzosen. Auch brauchte man einen Marsch der Franzosen auf Merseburg um so weniger zu fürchten, als er sicher zu einer Schlacht geführt hätte, von der man sich Erfolg versprechen konnte, da keine befestigte Stellung zu stürmen war.

Der König schickte viele Streifkorps aus und wartete in seinem Lager ruhig die Klärung der feindlichen Absichten ab. Denn eine einzige vorzeitige oder übereilte Bewegung hätte alles verdorben. Teils wahre, teils falsche Nachrichten, die die Patrouillen brachten, ließen die Ungewißheit noch bis gegen Mittag bestehen. Da tauchte plötzlich in einiger Entfernung die Spitze der französischen Kolonnen auf: sie wollten den linken preußischen Flügel umgehen. Ebenso unvermerkt verschwanden die Reichstruppen aus ihrem alten Lager. Nur das Korps, das man für die Nachhut gehalten hatte und das in Wahrheit die Reserve St. Germains war, blieb den Preußen gegenüber stehen. Der König rekognoszierte nun persönlich den Marsch Soubises und gewann die Überzeugung, daß er auf Merseburg gerichtet sei. Die Franzosen rückten nur sehr langsam vor, da sie mehrere Bataillone in Kolonnen formiert hatten, die jedesmal bei einer Wegenge abbrechen mußten.

Um zwei Uhr brachen die Preußen ihre Zelte ab, machten eine Viertelschwenkung nach links und setzten sich in Bewegung. Der König marschierte parallel neben Soubises Armee her. Seine Truppen waren durch den Sumpf gedeckt, der bei Braunsdorf beginnt, sich eine starke Viertelmeile weit erstreckt und 2 000 Schritt vor Roßbach endet. Seydlitz bildete mit der gesamten Kavallerie die Avantgarde. Er hatte Befehl, die zahlreichen Mulden im Gelände zur Umgehung der französischen Kavallerie zu benutzen und sich auf die Spitze ihrer Kolonnen zu stürzen, bevor sie Zeit fänden, sich zu formieren. Dem Prinzen Ferdinand, der an diesem Tage den rechten Flügel der Armee kommandierte, konnte der König nur die Kavalleriefeldwachen des Lagers lassen. Er stellte sie, um dem Feinde zu imponieren, in einem Gliede auf. Das ging um so eher an, als der Braunsdorfer Sumpf den rechten Flügel teilweise deckte. So zogen beide Armeen parallel nebeneinander her und kamen sich dabei immer näher. Das Heer des Königs hielt sich sorgsam auf einer kleinen Anhöhe, die auf Roßbach1 zuläuft. Die Franzosen dagegen, die die Gegend wohl nicht recht kannten, marschierten im Grunde. Auf dem Janushügel ließ der König eine Batterie auffahren, deren Feuer den Sieg entscheiden sollte. Gegenüber in der Niederung taten die Franzosen ein gleiches. Da sie aber bergauf schossen, so war die Wirkung gleich Null.

Während dieser beiderseitigen Manöver hatte Seydlitz den rechten feindlichen Flügel unbemerkt umgangen und sich mit Ungestüm auf die Kavallerie geworfen. Die beiden österreichischen Regimenter machten zwar Front und hielten den Anprall aus, wurden aber von den Franzosen mit Ausnahme des Regiments Fitz-James im Stich gelassen und fast vollständig aufgerieben. Die Infanterie beider Armeen marschierte


1 Vielmehr Reichardtswerben.