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Einleitung des Herausgebers

Gleichwie nach den Friedensschlüssen von Breslau und Dresden, begann König Friedrich alsbald nach dem Hubertusburger Frieden die Darstellung der Geschichte des eben vollendeten Krieges. Allerdings hatte er sich zunächst ablehnend verhalten, als Graf Algarotti ihn dazu aufforderte. „Die Geschehnisse dieses Krieges“, so erwiderte er am 14. April 1763 dem Freunde, „lohnen nicht die Mühe, sie der Nachwelt zu überliefern.“ Er sei weder ein so großer Feldherr, daß man sein Leben und seine Taten beschreiben solle, noch ein so guter Geschichtsschreiber, um selber Werke zu veröffentlichen. Aber der Monat war noch nicht verstrichen, als er bereits an die Aufgabe heranging. Noch vor Jahresschluß war die Niederschrift des Werkes vollendet, wie das Datum des 17. Dezember 1763 beweist, das er unter das letzte Kapitel setzte. Am 3. März 1764 schloß er das „Vorwort“ ab. Eine letzte Durchsicht folgte.

Noch zweimal gedenkt Friedrich in den Briefen des Frühjahrs 1764 seines neuen Werkes, der Aufzeichnung seiner „militärischen und politischen Torheiten“, wie er drastisch sagt. Am 7. April 1764 versteigt er sich sogar zu der Erklärung, seine eben vollendeten Denkwürdigkeiten überzeugten ihn mehr und mehr, daß Geschichte schreiben hieße, „die Torheiten der Menschen und das Spiel des Zufalls zusammenstellen“. Voll bitterem Sarkasmus wiederholte er damit das resignierte Bekenntnis, das er bereits im „Vorwort“ und am Schlusse der Geschichte des Zweiten Schlesischen Krieges abgelegt hatte, daß das Ergebnis die ungeheuren Anstrengungen und Opfer des langen Krieges nicht lohneV-1. Denn auch der Siebenjährige Krieg hatte keine neuen Erwerbungen gebracht.

Erst nach dem Tode des Königs, bei der Herausgabe der nachgelassenen Werke im Jahre 1788 hat die „Geschichte des Siebenjährigen Krieges“ ihren Titel empfangen; denn sie war bisher ohne Titel geblieben. Sie war auch nicht mehr als Fortsetzung der „Geschichte Brandenburgs“ bezeichnet. Die Erklärung dafür liegt wohl in dem Umstande, daß dieses Werk einen anderen Charakter trägt als seine Vorgänger. Es ist eine Tendenzschrift. Ausdrücklich gibt Friedrich im „Vorwort“ als seine Absicht an, seine eigene Haltung, die Schilderhebung im Herbste 1756 zu<VI> rechtfertigen. Im weiteren Verlauf der Darstellung herrscht dann aber fast ausschließlich der militärisch-didaktische Gesichtspunkt vor. Der Erzählung der kriegerischen Vorgänge ist denn auch der weitaus größte Teil des Buches gewidmet.

Zu der knappen Darstellung des Königs, die über einiges kurz hinweggeht, anderes ganz beiseite läßt, bilden die in den „Anhängen“ mitgeteilten Schriftstücke von seiner Hand eine wesentliche Ergänzung. Sie rücken so manchen Vorgang auch erst in scharfe und richtige Beleuchtung. Vor allem aber enthalten sie wertvolle Beiträge zur Charakteristik Friedrichs selbst, mag er, wie in den Manifesten und politischen Denkschriften, als Staatsmann die Feder führen oder in den militärischen Instruktionen und Entwürfen als Feldherr vor uns erscheinen. Für die nähere Erläuterung dürfen wir auf die Fußnoten der einzelnen Stücke verweisen.

Endlich ist noch der mannigfach ausgeschmückten Sage zu gedenken, die sich an die „Geschichte des Siebenjährigen Krieges“ knüpft. Danach soll ihre Niederschrift in der heut vorliegenden Form nicht die erste sein. Es heißt, ein Brand im Zimmer des Königs habe das fertige Manuskript vernichtet und Friedrich darauf die Geschichte des Krieges nochmals verfaßt. Durch einen Brief des Kabinettssekretärs Eichel an den Minister Graf Finckenstein vom 2. Oktober 1763 wird allerdings die Tatsache des Brandes bezeugt. Während einer kurzen Abwesenheit des Monarchen fiel am Abend des 1. Oktober von brennenden Lichtern ein Funke auf den Arbeitstisch. Die Flamme, so berichtet Eichel, habe „die eigenhändigen Aufsätze von denen Campagnen des letztren Krieges ergriffen und einen guten, wo nicht mehristen Teil von solchen verbrannt, sodaß, als bald darauf des Königs Majestät in erwähnter Kammer zurückgekommen, Sie nur etwas davon sauviren können.“ Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich bei jenen zugrunde gegangenen „eigenhändigen Aufsätzen“ um Berichte vom Kriegsschauplatz, wie Friedrich sie unmittelbar nach den Ereignissen zur Mitteilung an die Öffentlichkeit abzufassen pflegte, oder um einige der auch im „Vorwort“ erwähnten „Denkschriften“, die er am Ende jedes Feldzuges aufgesetzt hatte und jetzt für die Ausarbeitung der Geschichte des Krieges benutzte, vielleicht auch um einzelne Stücke der Niederschrift selbst. Aber keinesfalls kommt die Vernichtung der Darstellung des ganzen Krieges in Frage; denn aus dem Stande der Vorarbeiten läßt sich der bündige Nachweis führen, daß zum Zeitpunkt des Brandes überhaupt erst einige Kapitel fertiggestellt waren.

Dagegen sind Anzeichen dafür vorhanden, daß Friedrich im Anschluß an die Revision der „Geschichte meiner Zeit“ im Sommer 1775 auch eine Umarbeitung der „Geschichte des Siebenjährigen Krieges“ ins Auge faßte. Er ließ sich von dieser eine Abschrift machen. Anfang September war sie in seinen Händen. Doch die schwere Erkrankung, die ihn im Winter 1775/76 heimsuchte, setzte zunächst allen weiteren literarischen Plänen ein Ende. Aber auch späterhin, als er seine historischen Arbeiten wiederaufnahm, ist er auf den Gedanken einer neuen Bearbeitung dieses Werkes nicht mehr zurückgekommen.

<VII>

Die Übersetzung des Textes der „Geschichte des Siebenjährigen Krieges“ stammt von Thassilo von Scheffer, die der „Anhänge“ von Friedrich von Oppeln-Bronikowski.

Der französische Text, der der Übertragung der „Geschichte des Siebenjährigen Krieges“ zugrunde liegt, ist abgedruckt in den „Œuvres de Frédéric le Grand“, Bd. 4 und 5. Was die „Anhänge“ zu Bd. 3 und 4 unserer Ausgabe betrifft, so sind die „Rechtfertigung meines politischen Verhaltens“ und „Die Gründe meines militärischen Verhaltens“ veröffentlicht nach dem Druck in den „Œuvres“, Bd. 27, Teil 3, die Entwürfe der Manifeste gegen Österreich und Sachsen sowie das Manifest gegen Österreich vom August 1756 nach dem dritten Bande der „Preußischen Staatsschriften aus der Regierungszeit König Friedrichs II.“ (herausgegeben von O. Krauste, Berlin 1892), alle übrigen Stücke nach der „Politischen Correspondenz Friedrichs des Großen“, Bd. 12 bis 21 (Berlin 1884—1894). Für die „Rede des Königs vor der Schlacht bei Leuthen“ ist die Fußnote zum Text zu vergleichen.

Die Pläne zu den Schlachten des Siebenjährigen Krieges sind dem vierten Bande angefügt.


V-1 Vgl. Bd. II, S. VIII.