<103> Pulvermagazin in die Luft und kostete den Österreichern einige Leute. Sonst aber hatten sie bei der Einnahme der Stadt keinen Verlust zu beklagen.
Ein so unvorhergesehenes Unglück durchkreuzte alle Maßnahmen des Königs. Er mußte sein Vorhaben aufgeben, seine Pläne ändern und durfte für den Rest des Feldzuges nur noch daran denken, möglichst viel Festungen und Land gegenüber der großen Übermacht der Feinde zu behaupten. Die Armee marschierte nach Strehlen (6. Oktober) und richtete sich dort zum dauernden Verweilen ein, um Neiße, Brieg und Breslau zu decken. Zur Vorsicht hatte der König bei Breslau ein verschanztes Lager anlegen lassen. Nach seiner ursprünglichen Absicht war es für die Detachements bestimmt, die sich oft der Hauptstadt näherten und sich dort bis zum Eintreffen der Armee des Königs hätten behaupten können. Unter den obwaltenden Umständen jedoch konnte die Armee selbst das Lager gut brauchen, zumal die Preußen ihm einen Tagesmarsch näher waren als der Feind.
Von nun an beschränkte sich der König strikt auf die Verteidigung, aber Laudon durfte davon nichts merken. Denn erfuhr er dies Geheimnis, so hatte er den Preußen gegenüber gewonnenes Spiel. Zur besseren Verschleierung seiner Absichten gab der König den Truppen Befehl, sich kampfbereit zu halten, die Gewehre frisch zu laden, die Säbel zu schleifen und an die Artillerie genügend Munition zu verteilen. Kurz, es war nur von großen Zurüstungen und umfassenden Plänen die Rede. Bei der Armee befanden sich wohlbekannte österreichische Spione. Sie machten sich sofort auf, um Laudon Nachricht zu bringen. So unglaublich es der Nachwelt auch klingen mag, die vereinigte österreichisch-russische Armee, die drei Tagemärsche von den Preußen auf den Kunzendorfer Höhen lagerte, blieb acht Nächte lang im Biwak und erwartete jeden Augenblick einen Angriff.
Tschernyschew drängte den österreichischen Feldherrn sehr, auf Breslau zu marschieren. Auch die Kriegsregeln und die Staatsraison erforderten es. Denn wenn Laudon mit seiner großen Armee in die Ebene hinabrückte, so umzingelte er die Preußen von allen Seiten. Er hätte sie dann gänzlich vernichtet, und der Ruhm, den Krieg beendigt zu haben, wäre ihm zugefallen. Trotzdem entschuldigte er sich bei Tschernyschew, er könne aus Mangel an Lebensmitteln und Trainpferden nicht zu weit ins Land vorrücken. Laudon verbarg, was ihn in Wirklichkeit von jedem Unternehmen abhielt. Er fürchtete die exponierte Stellung in der Ebene, weil die Österreicher dabei schon so oft geschlagen worden waren. Da er außerdem völlig auf sich selbst gestellt war und beim Wiener Hofe keine Protektion besaß, so wollte er nichts aufs Spiel setzen. Er begnügte sich also mit dem Ruhme der Einnahme von Schweidnitz und verharrte auf seinen Bergen in völliger Untätigkeit.
Wir dürfen hier eine Tatsache nicht übergehen, die sowohl den Krieg wie den Geist der Zeit kennzeichnet. Markgraf Karl war mit der Korrespondenz mit den Feinden betraut. Die Preußen hatten ein Kartell mit den Österreichern, das jene aber, so oft sie es für vorteilhaft hielten, brachen. Seit zwei Jahren wollten sie nichts mehr von