<105> 4. Juni hatte der Prinz von Württemberg das Lager bei Kolberg bezogen, und am 7. Juni stieß Thadden zu ihm. In dieser Stellung umschlossen die Preußen Kolberg derart, daß die beiden Flügel der Verschanzungen ans Meer stießen. Die Persante deckte die rechte Flanke des Lagers, während das Zentrum, die exponierteste Stelle, durch starke Verschanzungen geschützt war. Werner war sofort nach Köslin geschickt worden, zog sich aber beim Anmarsche von 12 000 Russen unter Rumänzow zurück. Zuerst wählte Rumänzow seine Stellung auf dem Gollenberg. Bis zum 20. August blieb alles ziemlich ruhig, dann aber erschien die vereinigte schwedisch-russische Flotte vor Kolberg. Sie näherte sich dem Hafen und eröffnete eine lebhafte Kanonade auf die preußischen Batterien, die den Hafen und das Ufer deckten. Rumänzow nahm den Augenblick wahr, um sich dem Prinzen von Württemberg zu nähern, und lagerte sich nur eine Viertelmeile von den Preußen. Bis dahin hatte der Prinz von Württemberg nichts zu fürchten. Nur einen Vorwurf hatte er sich zu machen, daß er die Vorratsmagazine nicht in anbefohlener Weise gefüllt hatte. Ja, er schonte sogar die Umgegend seines Lagers, trotzdem er wußte, daß die Russen dort hinkommen würden. Mit einem Wort, seine Nachlässigkeit bei der Verproviantierung wurde zur Ursache all des Unglücks, das über Pommern hereinbrach. Die erste Folge davon war, daß er Werner zur Schonung seiner eigenen Lebensmittel wegschickte, vielleicht auch, weil beide sich nicht vertragen konnten. Werner marschierte nach Treptow und ließ seine Leute dort unvorsichtigerweise kantonnieren. Die Russen überrumpelten ihn und nahmen ihn mit rund 500 Reitern gefangen (12. September). Durch diesen Erfolg ermutigt, versuchten sie in der Nacht zum 18. September ein Freibataillon vor dem linken preußischen Flügel aufzuheben. Es stand dort in einer abgelegenen Schanze, mehr als Kanonenschußweite vom Lager entfernt. Der Feind überschritt eine Stelle, die man ohne genauere Prüfung für einen unpassierbaren Sumpf gehalten hatte, griff die Schanze in der Kehle an und nahm die Besatzung von 200 Mann gefangen. Von diesen kleinen Erfolgen geschwollen, glaubte Rumänzow, die Eroberung der preußischen Verschanzungen hinge nur von ihm ab und er brauchte es bloß zu versuchen. Er näherte sich also der Grünen Bergschanze, die im Zentrum des Prinzen von Württemberg lag, eröffnete die Laufgräben und errichtete Batterien, wie bei der regelrechten Belagerung einer Festung. Am 19. griff er die Schanze in aller Form an und eroberte sie. Kaum aber wollte er sich dort festsetzen, so trieb ihn Oberst Kleist1 mit seinen Grenadieren wieder heraus. Dabei verloren die Russen 1 100 Mann. Gegen alle Regeln war die Schanze 3 000 Schritt von der Hauptbefestigung entfernt und überdies noch durch eine Schlucht von ihr getrennt. Aber trotz der isolierten Lage, die den Angriff erleichterte, waren die Russen durch die erlittene Schlappe so entmutigt, daß sie die Schanze fortan in Frieden ließen.

Platen war nach der Wegnahme des Magazins von Kobylin2 quer durch die Neumark marschiert und rückte gerade auf Körlin vor, wo er ein russisches Detachement


1 Primislaus Ulrich von Kleist, Kommandeur eines Grenadierbataillons.

2 Vgl. S. 101.