<135> dem König entgehen konnte. Außerdem stand Daun zwei Tagemärsche von der Lohe entfernt, während der König seine Armee in sechs Stunden zusammenziehen konnte. Welchen Plan hätten die Österreicher auch fassen, welchen Angriff machen können? Der König war auf keine bestimmte Stellung angewiesen. Er konnte seine Armee diesseits oder jenseits der Lohe aufmarschieren lassen und unversehens über die feindlichen Truppen herfallen, in dem Augenblick, wo sie es am wenigsten erwartet hätten. Hinzu kommt, wie gesagt, daß die Österreicher sich vor der Ebene fürchteten1. Wenn sie sich hinabwagten, so wußten sie, daß die Rückkehr in die Berge ihnen schwer fallen würde. Die preußische Armee war also völlig gesichert und hatte es bequem.
Während sie so in Kantonnementsquartieren stand, kehrte Schwerin mit dem russischen Friedens- und Allianzvertrag aus Petersburg zurück (20. Mai)2. Der Friede wurde feierlich proklamiert und das Bündnis den Österreichern keineswegs verschwiegen. Jedoch verschob der König die Operationen der Hauptarmee bis zur Ankunft Tschernyschews. Das hinderte ihn indes nicht, schon im voraus Truppen nach Oberschlesien vorzuschieben. In Kosel stand Werner bereits mit etwa 10 000 Mann. Er war von dem Plane des Königs unterrichtet, die Österreicher um Oberschlesien besorgt zu machen, um einen Teil ihrer Kräfte dorthin abzulenken. Werner rückte also auf Ratibor und schob Hordt mit 1 200 Mann nach Teschen vor. Dort hob Hordt einen Hauptmann mit 60 Mann auf und ließ seine Husaren bis über den Jablunkapaß hinaus streifen. Sobald Daun von diesem Einfall erfuhr, schickte er Beck ab, um den preußischen Unternehmungen entgegenzutreten. Beck rückte nach Ratibor. Das hatte der König gerade gewollt. Nun ging Werner über die Oder zurück und zog wieder nach Kosel. Mittlerweile traf der Herzog von Bevern mit 4 Bataillonen und 1 000 Provinzialhusaren bei Breslau ein. Er wurde durch die Möhring-Husaren und 10 Schwadronen Dragoner verstärkt und drang dann bis Kosel vor, wo er alle seine Streitkräfte zusammenzog.
1 Vgl. S. 103.
2 Der Friede war am 5. Mai 1762 geschlossen. Das Bündnis dagegen wurde erst am 19. Juni unterzeichnet (vgl. S. 128).