<136> Trotz der Detachierungen nach Oberschlesien erlangte die preußische Kavallerie allmählich das Übergewicht über die feindliche. Auf dem Johannesberg bei Panthenau überfiel Prittwitz ein österreichisches Detachement und nahm ihm 100 Mann weg. In Neumarkt schlug Reitzenstein den General Gourcy, der ihn überrumpeln wollte, und nahm ihm drei Offiziere und 70 Dragoner ab. Kurz darauf (21. Juni) wurden die vom Herzog von Bevern herbeigeführten 1 000 Provinzialhusaren, die vor Neiße aufgestellt waren, in Heidersdorf von Draskovich angegriffen. Der hatte in Patschkau Meldung von ihrer Ankunft erhalten und versuchte sie zu überrumpeln. Doch der Erfolg entsprach seiner Erwartung nicht. Sein Detachement wurde geschlagen, und er selbst fiel mit 170 Dragonern und Husaren in Kriegsgefangenschaft. Diese dicht aufeinander folgenden Schläge begannen die kaiserliche Kavallerie vorsichtig zu machen. Bald wurde sie auch ängstlich.
Tschernyschews Avantgarde, aus 2 000 Kosaken bestehend, erreichte den König einige Tage vor dem russischen Gros1. Er verteilte die beiden Pulks auf Lossow und Reitzenstein. Der letztere rückte von Neumarkt an den Fuß des Pitschenbergs vor, sodaß Dauns Armee nun fast eingeschlossen war. Nach vorn konnte er seine Kavallerie nicht mehr schicken. Nur den Rücken ließ man ihm frei, weil man seine Maske noch nicht lüften und die Pläne, die man gegen ihn hatte, nicht verraten wollte. Immerhin verging seit der Ankunft der Kosaken fast kein Tag, wo nicht irgend eine feindliche Feldwache angesichts des ganzen Lagers aufgehoben wurde. Schließlich wagte der Feind überhaupt keine Rekognoszierungen mehr. Kein Mensch hatte mehr den Mut zu Patrouillenritten angesichts der Postenketten. Die Kavallerie blieb im Lager und getraute sich nicht mehr in die Ebene herab.
Verlassen wir indes für einen Augenblick den schlesischen Kriegsschauplatz, um uns den Vorgängen in Sachsen zuzuwenden; denn in diesem Jahre eröffnete Prinz Heinrich den Feldzug. Von Sachsen wollen wir nach Westfalen und zum Niederrhein gehen, um die Operationen des Prinzen Ferdinand von Braunschweig zu berichten. Danach können wir die Ereignisse in Schlesien der Reihe nach ohne Unterbrechung weiter verfolgen.
Den Befehl über das Kaiserliche Heer in Sachsen führte in diesem Jahre Serbelloni. Er hielt nicht allein den Plauenschen Grund, den Windberg und Dippoldiswalde besetzt, sondern dehnte sich von dort auch noch über die ganzen Höhenzüge aus, die von Freiberg über Chemnitz nach Waldheim verlaufen. Alle Muldeübergänge vor seiner Front hatte er sorgfältig verschanzt und verließ sich ganz auf diese Maßnahmen. Er hielt es für unmöglich, daß man ihn aus einer so starken und gutverteidigten Stellung vertreiben könnte. Indes ließ sich Prinz Heinrich durch solche Schwierigkeiten nicht aufhalten. Er beschloß die feindliche Stellung im Zentrum zu durch-
1 Am 30. Juni 1762 ging Tschernyschew bei Auras über die Oder und stieß zum König.