<164> So standen die Dinge, als am 14. Oktober morgens Ried mit 18 Bataillonen auf den Seligstädter Höhen gegenüber von Hülsen erschien. Gleichzeitig rückte das Zentrum der Hadikschen Armee auf Niederschöne. Die Reichstruppen lagerten bei Dorf Chemnitz, und Campitelli stellte sich bei Weißenborn am äußersten rechten Flügel des Prinzen Heinrich auf. Außerdem rückte Kleefeld mit 5 000 Pferden gegen Belling, um ihn aus Groß-Hartmannsdorf zu vertreiben. Belling machte Miene, sich zurückzuziehen. Aber plötzlich schwenkte er um, griff den Feind ungestüm an, schlug ihn in die Flucht und nahm seine Stellung wieder ein. Beide Armeen brachten die Nacht im Biwak zu.
Am nächsten Tage griff der Feind ernsthaft alle Muldeübergänge an, wurde aber überall von den Preußen zurückgeworfen. Unmittelbar nach dem Rückzug der Angreifer begab sich Prinz Heinrich auf den rechten Flügel. Es war Abend und schon sehr dunkel, dennoch gewahrte er mit Erstaunen die dort herrschende Verwirrung. Belling war von seinem Posten vertrieben worden, und Bandemer, der ihm beistehen sollte, hatte ihn mangelhaft unterstützt. Prinz Stolberg hatte den Augenblick zur Besetzung des Ratswalds benutzt und stand dort den Preußen in der Flanke und im Rücken. Der schlimme Zwischenfall nötigte Prinz Heinrich zur Aufgabe seiner Stellung, die unter den obwaltenden Umständen nicht länger zu halten war. Um Mitternacht brach er mit der Armee in drei Kolonnen auf und erreichte den Zelleschen Wald, ohne daß der Feind etwas merkte oder Miene machte, ihn zu beunruhigen. Die Truppen schlugen im Walde Baracken zum Schutz gegen die Kälte auf und besetzten am folgenden Tage eine vorteilhaftere Stellung zwischen Riechberg und Voigtsberg. Hadik blieb mit dem Gros seiner Armee auf dem Landsberg, und die durch Campitelli verstärkten Reichstruppen verschanzten sich rings um Freiberg. Dort sollte auch Macquire in kurzem zu ihnen stoßen.
Von der anderen Seite war Wied in vollem Anmarsch. Er näherte sich Bautzen und sollte die Höhen von Weißig besetzen, um bis auf den Weißen Hirsch vorzugehen. Dort befand er sich im Rücken der Stellung von Boxdorf und konnte die Dresdener Neustadt bombardieren. Diese Diversion war ihm vom König vorgeschrieben worden, um Hadik zur Absendung eines starken Detachements über die Elbe zu nötigen. Dann hätte Prinz Heinrich Luft schöpfen und die Dinge wieder in Ordnung bringen können. Daun jedoch durchschaute die Absicht des Königs und wollte Hadik das dauernde Übergewicht in Sachsen sichern. Er ließ also Prinz Albert von Sachsen1 mit einem Detachement von 12 Bataillonen und 15 Schwadronen Wied stets zur Seite bleiben. Der Prinz marschierte durchZittau und erreichte die Höhen bei Weißig vor den Preußen. Wied sah seine Absicht vereitelt und zog sich nach Radeburg zurück. Von dort wandte er sich nach Großdobritz, um an die Elbe zu gelangen und sich nach überschreiten des Flusses mit der Armee des Prinzen Heinrich zu vereinigen.
1 Prinz Albert, der vierte Sohn König Augusts III., war österreichischer Feldmarschalleutnant.