<38> die Hauptarmee, die in Sachsen zusammengezogen werden sollte. Von dort aus gedachte er sich nach Schlesien zu wenden, um es vollständig zu erobern, indes der Prinz von Zweibrücken mit den Reichstruppen bei Dresden bleiben, Sachsen vom Feinde säubern und die wenigen dort noch stehenden Preußen vertreiben sollte1.
Die Übermacht der Feinde, die den König von allen Seiten bedrängten, ihr Plan einer stärkeren Konzentrierung der Truppen in diesem Feldzug und schließlich die Schwäche der preußischen Armee nach so manchen, noch frischen Verlusten, all das ließ für den bevorstehenden Feldzug noch Schlimmeres befürchten als für den vergangenen. Indes bemühte sich der König, den Mut der Soldaten zu beleben und ihnen Selbstvertrauen einzuflößen. Das geschah durch die Vorspiegelung von bald zu erwartenden Diversionen, durch Verbreitung von günstigen Prophezeiungen und Anwendung aller Arten von Täuschung, die dem Volke gegenüber zu seinem eigenen Vorteil erlaubt sind.
Am 26. April bezog der König die Lager von Schlettau und bei den Katzenhäusern2. Die dorfreiche Gegend gestattete, den größten Teil der Armee in Kantonnementsquartiere zu legen. Dort genossen die Truppen die ersten ruhigen Augenblicke.
Wir hatten Laudon zuletzt in Olmütz verlassen. Jetzt drang er in Oberschlesien ein. Seine Kavallerie griff Goltz3 an und zwang ihn zum Rückzug auf Neustadt und später nach Neiße. Das Regiment Manteuffel wehrte sich während des ganzen Marsches gegen vier österreichische Kavallerieregimenter, die es umsonst auseinanderzusprengen versuchten (15. März). Nachdem Laudons Streich mißlungen war, ließ er Draskovich mit 6 000 Mann in Neustadt zurück und marschierte mit den übrigen Truppen nach Böhmen. Nun, wo Draskovich allein stand und seinen Ruhm mit niemandem zu teilen brauchte, wollte er etwas unternehmen. Als er erfuhr, daß ein Bataillon vom Regiment Mosel Landeshut verlassen hätte und nach Neiße marschierte, griff er es mit seiner ganzen Kavallerie an. Doch das Bataillon verteidigte sich trefflich, verlor nichts, tötete zahlreiche Feinde und rückte wie im Triumph in die Festung Neiße ein (31. Mai).
Gegen die Russen in Pommern war Forcade4 detachiert. Er hatte drei Korps zu ihrer Beobachtung vorgeschoben: Platen nach Schivelbein, Grabow nach Köslin und Gablentz5 nach Greifenberg. Prinz Heinrich, der den Oberbefehl führte, war gerade in Sagan und hatte dort die Detachements Goltz und Schmettau6 an sich gezogen. Doch fand er es nun zweckmäßiger, sich den Russen zur Vereitelung ihrer Pläne mehr zu nähern. Er marschierte daher nach Frankfurt und ließ Forcade nach Landsberg rücken, das zum Sammelpunkt der Armee bestimmt war.
1 Vgl. dazu im Anhang (Nr. 6 und 7) die Denkschriften des Königs, „Militärische Betrachtungen“ vom Februar und „Gedanken über die feindlichen Pläne und unsere Operationen“ vom April 1760.
2 Bei Meißen.
3 Generalleutnant Freiherr Karl Christoph von der Goltz befehligte in Oberschlesien.
4 Generalleutnant Friedrich Wilhelm Quérin de Forcade.
5 Generalleutnant Dubislav Friedrich von Platen und die Generalmajors Christoph Heinrich von Grabow und Georg Karl Gottlob von der Gablentz.
6 Generalmajor Johann Ernst von Schmettau.