<96> ging nicht weit von der Armee und auf einem scheinbar günstigen Gelände vor sich. Aber der König wollte dem einmal gefaßten Vorsatz treu bleiben. Die Russen wurden nicht angegriffen, ja selbst ihre Arrieregarde ließ man in Ruhe. Nach dieser Bewegung der Russen war ein weiterer Widerstand gegen ihre Vereinigung mit den Österreichern unmöglich. Diese waren auf der Hut gewesen. Um sich keine Blöße zu geben, hatte Laudon im ganzen Feldzuge niemals den Fuß des Gebirges verlassen und bei jeder Gelegenheit sehr geschickt nur die Bundesgenossen Österreichs den Märschen und gewagtesten Unternehmen ausgesetzt.
Der König konnte keinen besseren Entschluß fassen, als durch einen Gewaltmarsch die Höhen von Kunzendorf zu erreichen. Denn konnte er diese Stellung vor Laudon besetzen, so wurde die österreichische Armee von ihren Magazinen abgeschnitten. Dann wäre auch den Russen, die ganz auf die von der Kaiserin-Königin gelieferten Lebensmittel angewiesen waren, das Brot ausgegangen, und sie hätten sich ihren in Polen zurückgelassenen Vorräten nähern müssen. Glückte der Plan, so hätte er für diesen Feldzug den Dingen in Schlesien ein völlig anderes Gesicht gegeben. Die Armee des Königs setzte sich auch umgehend in Marsch. Um Zeit zu gewinnen, detachierte der Markgraf sofort Knobloch zur Besetzung des Pitschenberges, über den die Armee notwendig marschieren mußte. Noch am selben Abend besetzte der Markgraf den Berg, und am folgenden Tage (20. August) trat die ganze Armee in der Gegend von Jauernick und Bunzelwitz hervor. Aber der Zweck des Unternehmens schlug fehl. Laudon war dem König zuvorgekommen, und schon tags vorher hatten sich an 20 Bataillone seiner Armee bei Kunzendorf gelagert. Truppen, die auf diesen Höhen stehen, sind unangreifbar. Auch ein Handstreich hatte keinen Zweck; denn schon war die österreichische Armee in vollem Anmarsch, um das neue Lager zu beziehen und es in seiner vollen Ausdehnung zu besetzen.
Da die Armee des Königs nicht offensiv vorgehen konnte, so entfaltete sie sich zwischen dem Würbenberg und dem Dorfe Tschechen. Hier endete der rechte Flügel, teilweise durch den Nonnenbusch gedeckt. Nichts hinderte nun die Vereinigung der Russen und Österreicher. Sie mußte aller Voraussicht nach binnen kurzem bei Schweidnitz stattfinden. Diese Umstände geboten dem König, für die Sicherheit seines Lagers und der Festung Schweidnitz zu sorgen. Er konnte eine Stellung bei Pilzen nehmen; denn dort schien die Natur schon selbst hinlänglich für ein befestigtes Lager gesorgt zu haben. Aber wenn auch das Heer dort gesichert war, so lief man doch andrerseits Gefahr, daß Laudon und Buturlin Schweidnitz vor den Augen des Königs und der ganzen Armee belagerten, ohne daß er es hindern konnte. Aus diesem Grunde zog der König das Lager bei Bunzelwitz vor, da es die Festung deckte und ihre Belagerung unmöglich machte. Bei alledem blieb aber die Absendung eines russisch-österreichischen Detachements gegen Breslau zu fürchten. Dadurch wäre der König zum Verlassen der Gegend von Schweidnitz gezwungen worden und hätte seinen Feinden die Belagerung leicht gemacht. Aber alle Pläne so überlegener Feinde