<120> machen. Er meinte, wenn die Ausgaben einmal gemacht seien, könnte nichts die Fortdauer des Krieges hemmen; aber die Kaiserin war ganz entgegengesetzter Meinung. Sie sehnte das Ende der Wirren herbei und setzte alle Hoffnung auf Frankreichs Vermittlung, die sie angerufen hatte. Ihre von Steuerlasten erdrückten Völker konnten die ungeheuren Kriegskosten nicht aufbringen; die Anleihen im Ausland entsprachen den Erwartungen des Hofes nicht; kurz, es herrschte solcher Geldmangel, daß die Soldaten oft ihre Löhnung nicht bekamen und die täglichen Bedürfnisse nicht befriedigen konnten. Aufgeklärte Leute sahen mit Schmerz den allgemeinen Zusammenbruch der Monarchie voraus, falls man ihm nicht vorbeugte, indem man den Vorschlägen zu einem billigen Frieden die Hand bot.
Schon hatte die Kaiserin, wie bereits erwähnt, Frankreichs Vermittlung angerufen. Ebenso hatte sie die guten Diensie des russischen Hofes in Anspruch genommen. Ein merkwürdiger Zufall wollte, daß das Schreiben aus Wien und die russische Erklärung, die zur gleichen Zeit abgegangen waren1, fast am selben Tag an ihrem Bestimmungsort eintrafen. Den Vorteil davon hatte der König; denn wäre das österreichische Ansuchen vor dem Abgang der russischen Erklärung eingetroffen, so hätte die Zarin diese wahrscheinlich unterdrückt. Andrerseits wünschte der König, der durch seine Sendboten alles erfuhr, nichts sehnlicher, als sich mit dem Wiener Hofe zu vergleichen, vorausgesetzt, daß die Reichsverfassung unangetastet blieb, daß weder die Interessen des Kurfürsten von Sachsen noch des Herzogs von Zweibrücken verletzt wurden, und daß er selber sicher war, wegen der Erbfolge in Ansbach und Bayreuth, auf die er unbestreitbare Rechte hatte, keinerlei Schwierigkeiten zu erfahren.
Weit entfernt, Frankreichs Vermittlung abzulehnen, betrachtete der König den Versailler Hof vielmehr als Bürgen des Westfälischen Friedens. Es mußte Frankreich ebenso sehr wie Preußen daran liegen, daß der Kaiser durch die widerrechtliche Besitzergreifung von Bayern sich keinen Weg bahnte, um entweder über den König von Sardinien in Italien herzufallen, was man in Turin sehr befürchtete, oder um noch leichter ins Elsaß und Lothringen einzubrechen. Der Kurfürst von Sachsen war ein Vetter Ludwigs XVI.2 und der Herzog von Zweibrücken sein Schützling. Nichtsdestoweniger hätte man gegen alle Klugheit verstoßen, wenn man Preußens und Deutschlands Interessen ganz in die Hände eines kraftlosen Ministeriums legte, das keinen festen Willen besaß und sich womöglich durch die Ränke und tückischen Einflüsterungen des Wiener Hofes gefangen nehmen ließ. Um Maurepas gegen alle österreichischen Vorschläge zu wappnen, die der Wiederherstellung des Friedens und der Ruhe in Deutschland direkt zuwiderliefen, schickte ihm der König eine Denkschrift mit Darlegung der Gründe, warum die und die Friedensbedingung annehmbar sei und warum man eine entgegengesetzte nicht annehmen könne, ferner eine Zusammen-
1 Die russische Erklärung ist vom 2. Oktober, der Erlaß des Fürsten Kaunitz vom 27. September 1778 datiert.
2 Der Vater des Kurfürsten Friedrich August und die Mutter Ludwigs XVI. waren Geschwister.