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3. Kabinettserlaß an die Minister Graf Finckenstein und von Hertzberg
(1. November 1784)

Ich habe Ihre gestrigen Vorstellungen1 erhalten. Wollen Sie, Herr von Hertzberg, mir die Freude machen, ein paar Tage hier zu verweilen, so kann ich Ihnen all meine Gedanken über den fraglichen Gegenstand eingehend auseinandersetzen.

Das erste, womit man anfangen müßte, ist eine mündliche Aussprache mit den Reichsfürsten, um ihnen ihre jetzige Lage klar zu machen und ihnen zu zeigen, wohin die Dinge treiben können. Erinnern Sie sich, welch schreckliche Schwierigkeiten beim Zustandekommen des Schmalkaldener Bundes entstanden, um die untereinander uneinigen Fürsten unter einen Hut zu bringen. Ein Herzog von Braunschweig2 war in den kleinen Raufereien jener Zeit gefangen genommen worden. Der Kurfürst von Brandenburg3 lehnte jedes Bündnis ab, bevor jener nicht in Freiheit gesetzt war. Der Kurfürst von Sachsen4 wollte von keinem Bündnis mit dem König von England wissen, noch mit Frankreich, noch selbst mit den Schweizern, weil es sein Gewissen bedrückte, sich mit Heinrich VIII. zu verbünden, dessen Religion sich mit der lutherischen nicht völlig deckte, noch gar mit Franz I.5, der die Protestanten im eigenen Lande verfolgte, noch mit den Schweizern, die Calvinisten waren. Der Landgraf von Hessen6 bestritt zwar alle diese Punkte, konnte aber den Kurfürsten von Sachsen nie überreden. Der trat dem Bunde erst bei, nachdem Karl V. auf dem Reichstag zu Regensburg einen höchst anmaßlichen Ton angeschlagen hatte. Erst dessen Erklärung7 brachte die Fürsten zusammen, ließ ihnen den Kamm schwellen und bewog sie, Truppen auszuheben.

In dieser Sache gilt es nicht, Staaten zu einigen, sondern sie aufzurütteln, damit sie ihre Verfassungen aufrecht erhalten und nicht auf ihren eigenen Interessen einschlafen. Ebensowenig handelt es sich darum, einen Krieg zu beginnen, wofern nicht Länderraub oder Rechtsbrüche von seiten des Kaisers die Reichsfürsten zwingen, dem mit vereinigten Kräften entgegenzutreten. Um aber das Ziel zu erreichen, dünkt mich das Rechte, sich über den Plan eines Fürstenbundes nur mündlich auszusprechen, damit man hört, was jeder darauf zu antworten hat, und vernimmt, wie schwer oder leicht er sich die Sache denkt. Sämtliche katholische Bischöfe müssen im eigensten


1 Der von Hertzberg ausgesetzte Unionsentwurf nebst dem Begleitbericht der Minister vom 31. Oktober 1784.

2 Herzog Heinrich der Jüngere von Wolfenbüttel.

3 Joachim II.

4 Johann Friedrich.

5 In der Vorlage verschrieben: „Ludwig XIV.“

6 Philipp der Großmütige.

7 Auf eine Anfrage der Schmalkaldener nach dem Zweck feiner Rüstungen erwiderte Karl V. am 17. Juni 1546, daß sie den ungehorsamen Fürsten galten, die unter dem Scheine der Religion gegen ihn Praktiken trieben, die Rechtspflege des Reiches nicht leiden wollten, geistliche Güter einzögen und sie zu ihren Eigenliebigkelten mißbrauchten.