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Darlegung der Gründe, die Seine Majestät den König von Preußen zu gerechten Vergeltungsmaßregeln gegen den Fürstbischof von Lüttich bewogen haben1
(11. September 1740)

Seine Majestät der König von Preußen ist durch die Äußerungen des Übelwollens seitens des Fürstbischofs von Lüttich zum Äußersten getrieben worden und hat sich zu seinem Bedauern gezwungen gesehen, die Gewalttaten und den Schimpf, die der Bischof ihm antun wollte, mit Waffengewalt zu vergelten.

Dieser Entschluß ist ihm sehr schwer gefallen, zumal er von Natur und aus Vorsatz allem abgeneigt ist, was irgendwie an Härte und Strenge streift. Da ihn aber der Fürstbischof von Lüttich zur Änderung seines Verhaltens genötigt hat, konnte Seine Majestät keinen anderen Entschluß fassen, als seine gerechten Ansprüche zu verfechten und Vergeltung für die schmachvolle Behandlung seines Bevollmächtigten von Kreytzen zu üben2, desgleichen für die Verachtung, die darin lag, daß der Fürstbischof von Lüttich nicht einmal den Brief des Königs zu beantworten geruhte.

Wie zuviel Härte der Grausamkeit nahe kommt, so gleicht zuviel Milde der Schwäche. Obwohl der König seine Interessen gern der öffentlichen Ruhe geopfert hätte, konnte er im Hinblick auf seine Ehre nicht ebenso verfahren. Dies ist der Hauptbeweggrund dafür, daß er einen seinen Anschauungen so entgegengesetzten Entschluß gefaßt hat.

Umsonst ist alles versucht worden, um zu einer gütlichen Einigung zu gelangen. Vielmehr hat die Mäßigung des Königs die Anmaßung des Fürstbischofs nur ge-


1 Für den Streit mit dem Fürstbischof von Lüttich, Georg Ludwig von Berghes, betreffend die Lehnshoheit über die Herrschaft Herstall, die zur oranischen Erbschaft gehörte und 1732 an Preußen gefallen war, vgl. Bd. II, S. 58. Der Führer des preußischen Kommandos, das am 11. September 1740 in das Gebiet des Fürstbischofs einrückte, als dieser nach Ablauf der ihm gestellten zweitägigen Bedenkfrist keinerlei Antwort auf das preußische Ultimatum erteilte, erhielt den Auftrag, das obige vom König eigenhändig entworfene Manifest nebst dem „Tatbestand“ auf seinem Marsche zu verbreiten.

2 Vgl. Bd. II, S. 58.