Eugen: Das ist das Los aller Menschen. Aber da Sie aus der Ferne kommen, st bezahlen Sie Ihre Eintrittskarte und erzählen Sie uns das Neueste, was sich in Ihrem Lande zugetragen hat.
Liechtenstein: Das ist viel. Alles ist verändert. Die Vergangenheit ist durch die Gegenwart ausgelöscht. Sie würden Europa nicht wiedererkennen; man hat in allen Dingen Fortschritte gemacht.
Eugen: Ich würde Europa nicht wiedererkennen? Sicherlich hat das Kaiserhaus, dessen Macht ich vergrößerte, ja befestigte, große Fortschritte gemacht und ist seit meiner Zeit ungleich mächtiger geworden.
Liechtenstein: Das gerade nicht; denn seit Ihrem Tode haben uns die Türken, Preußen und Franzosen geschlagen, und wir haben ein halbes Dutzend Provinzen verloren; doch das sind Bagatellen.
Eugen: Ich begreife Sie nicht. Wenn Sie soviel verloren, was für Fortschritte konnten Sie dann machen?
Liechtenstein: Wir haben unsere Finanzen vervollkommnet. Mit dem Rest der Provinzen, die uns verblieben sind, haben wir mehr Einnahmen als Karl VI. je mit dem Königreich Neapel, der Lombardei, Serbien, Schlesien und Belgrad. Was das Heerwesen betrifft, so unterhalten wir jetzt 160 000 Mann; soviel konnten Sie zu Ihrer Zeit nicht besolden. Ich für mein Teil habe an der Artillerie gearbeitet1. Ich gab 300 000 Taler aus meinem Vermögen hin, um sie in guten Stand zu setzen. Und so rückt denn keine Armee mehr ins Feld, ohne mindestens 400 Kanonen mitzunehmen. Sie verstanden nichts von diesem Gebrauch unserer Artillerie, der unsere Lager zu Festungen macht2. Sie hatten kaum 30 Geschütze bei Ihrer Armee.
Eugen: Allerdings. Aber mit diesen paar Kanonen schlug ich den Feind und ließ mich nicht schlagen.
Liechtenstein: Man kann geschlagen werden. Das sind kleine Unglücksfälle, die einem Ehrenmann passieren können.
Eugen: Ja, aber nicht durch seine Schuld.
Liechtenstein: O, wissen Sie, man urteilt heute weit besser als ehedem. Unser Verstand ist rein mathematisch geworden und fast unfehlbar. Doch ich wage Ihnen nicht zu sagen, was für Urteile man heute fällt.
Eugen: Sagen Sie's nur dreist. Obschon wir tot sind, können Sie uns doch noch belehren.
1 Vgl. Bd. III, S. 13.
2 Vgl. S. 221.