<26> die fast unüberwindlichen Hindernisse vor, die der Wiener Hof den Russen in den Weg legen würde, um zu verhindern, daß sie durch den Besitz der Moldau und Walachei seine Nachbarn würden. Ferner wies er darauf hin, daß die Insel im Urchipel Neid und Eifersucht bei allen Seemächten erregen würde. Er riet der Zarin also, ihre Ansprüche auf die beiden Kabardien, Asow und sein Gebiet, sowie auf freie Schiffahrt auf dem Schwarzen Meer zu beschränken. Er fügte hinzu, daß er nicht etwa aus Eifersucht über den Machtzuwachs der Zarin so rede, sondern allein in der Absicht, durch Herabsetzung ihrer Forderungen zu vermeiden, daß andere Mächte sich in den Krieg einmischten und ihn zu einem allgemeinen machten. Überdies hätten die Türken bereits in zwei Punkte gewilligt: in die Amnestie für die Griechen und die Freilassung Obreskows.
Diese recht maßvollen Vorstellungen schienen den Unmut der Zarin zu erregen. Sie gab zu verstehen, daß sie von selten ihres besten Verbündeten keinen Widerstand erwartet hätte. Da sie jedoch bis auf ein paar kleine Einschränkungen nach wie vor auf ihrem Projekt bestand, sah der König sich genötigt, es dem Wiener Hofe mitzuteilen. Der König schwächte das Schriftstück ab, soweit es möglich war, und um den Fürsten Kaumtz nicht aufzubringen, ließ er ihm sagen, daß dies nicht das letzte Wort des russischen Hofes sei, und daß dieser sicherlich geneigt sein werde, in den Punkten nachzugeben, die den meisten Schwierigkeiten begegnen würden.
Die Vorsicht des Königs war um so notwendiger, als der Kaiserhof seine Absichten nicht mehr verhehlte und alle Truppenbewegungen in Ungarn auf einen baldigen Bruch mit Rußland hindeuteten. Der Wiener Hof war entschlossen, nicht zu dulden, daß der Kriegsschauplatz über die Donau verlegt würde. Er hoffte die Russen sogar durch eine bewaffnete Vermittlung zwingen zu können, den Türken die Moldau und Walachei zurückzugeben, ja von der geforderten Unabhängigkeit der Tartaren abzustehen. Zu dem Zweck waren Truppen aus Italien, Flandern und Österreich nach Ungarn marschiert; der kaiserliche Gesandte1 hatte sich dem König gegenüber sogar sehr deutlich über ihre Bestimmung ausgesprochen; er ging so weit, zu verlangen, Preußen solle neutral bleiben, falls die Russen anderswo als in Polen angegriffen würden, was ihm aber rundweg abgeschlagen wurde. Fürst Kaunitz hoffte, durch Ausführung dieses Planes dem Hause Österreich Vergrößerungen zu verschaffen, ohne daß es die Mühe hätte, sie durch Eroberung zu erwerben. Er rechnete sehr darauf, daß die Pforte den ihr geleisteten Beistand mit der Rückgäbe der Provinzen bezahlen würde, die Österreich im Frieden von Belgrad verloren hatte.
Während Wien voller Entwürfe und Ungarn voller Truppen war, rückte ein österreichisches Korps in Polen ein und bemächtigte sich der Herrschaft Zips, auf die der Hof Ansprüche besaß. Allein diese Truppen besetzten auch angrenzende Sta-
1 Freiherr Gottfried van Swieten.