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3. Könnt Ihr Euch auf die Verbindungslinien des Feindes werfen, ohne Eure eignen Magazine zu gefährden, so tut es.

4. Tätigkeit und Wachsamkeit müssen Tag und Nacht an Eurem Zelte die Wacht halten.

5. Denkt mehr an Eure rückwärtigen Verbindungen als an das, was Ihr vor Euch habt, damit Ihr nicht umzingelt werdet.

6. Sinnt stets über neue Mittel und Auswege nach, um Euch zu halten. Ändert Eure Methode, um den Feind zu täuschen. Ihr weidet oft gezwungen sein, einen Scheinkrieg zu führen.

7. Schlagt und vernichtet den Feind im einzelnen, wo immer es möglich ist, aber laßt Euch auf keine reguläre Schlacht ein; denn bei Eurer Schwäche würdet Ihr unterliegen. Gewinnt Zeit, das ist alles, was man hier von dem geschicktesten Feldherrn erwarten kann.

8. Flieht nicht nach Orten, wo man Euch einschließen kann, und denkt an Pultawa und Stabe.

Erwartet eine in der Defensive befindliche Armee Hilfe, so setzt Ihr alles aufs Spiel, wenn Ihr Euch vor Ankunft der Verstärkungen auf irgend eine Unternehmung einlaßt. Sobald sie jedoch eingetroffen sind, setzen sie Euch in den Stand, alles, was Ihr plant, mit sicherem Erfolg auszuführen. Mithin müßt Ihr Euch während ihres Anmarsches auf die strengste Defensive beschränken.

Aus dieser Darstellung erseht Ihr, wievielerlei Kenntnisse für einen wirklichen Feldherrn erforderlich sind. Er muß ein richtiges politisches Urteil haben, um über die Absichten der Fürsten, die Kräfte der Staaten und ihre Bündnisse Bescheid zu wissen, muß die Zahl der Truppen kennen, die sie und ihre Verbündeten ins Feld stellen können, und ihre Finanzen richtig einschätzen. Die Kenntnis des Landes, in dem er Krieg führen muß, bildet die Grundlage aller Projekte, die er fassen will. Er muß so viel Vorstellungskraft besitzen, daß er sich alle Hindernisse vergegenwärtigt, die der Feind ihm entgegenstellen kann, um ihnen zuvorzukommen. Vor allem muß er seinen Geist daran gewöhnen, in der Not mannigfache Hilfsmittel und Auswege zu finden. All das erfordert Studium und Übung. Für jeden, der sich dem Kriegshandwerk widmet, muß der Friede die Zeit des Nachdenkens und der Krieg die Zeit sein, wo er seine Gedanken zur Ausführung bringt.