Vierter Gesang
Festungskrieg
Als in die Welt einst, in der ehrnen Zeit,
Das Laster trat und Recht der Stärke wich,
Umhüllten vor des Feindes Raubgier sich Die ersten Städte mit dem Mauerkleid,
Und bald erhoben sich mit starken Wällen Die Königsburgen wider die Rebellen.
Auf steiler Höh', wo Flüsse sich vereinen,
Ragte das Bollwerk, stand im Zinnenkranze
Die Feste, hochgetürmt aus Quadersteinen,
Und um die Grenzen zog sich Wall und Schanze.
Gleichwie der Leu dem Wüstensohn, dem scheuen,
Der Zähne grause Doppelreihe weist,
So trotzt die starke Grenzwehr nun dem Dräuen
Der Feindesschar, die wütend sie umkreist
Und sich umsonst sie zu bezwingen müht.
Die erste Kunst, die allerotten blüht,
Ist die des Krieges; mählich reift sie aus.
Hellas und Rom beschirmen Hab' und Haus
Mit starken Mauern und mit hohen Türmen;
Von ihren Zinnen trotzen sie den Stürmen.
Bogen und Schleuder senden Todesgruß,
Und wenn der Feind schon eng den Mauerfuß
Umstellt und gegen ihn der Widder rennt,
Ergießt sich von der Wand ein Feuerbach
Von Pech und Harz, der sein Gerät verbrennt.
Das Wurfgeschoß schlägt durch der Schilde Dach,
Und Steine hageln, die den Feind zermalmen.
Schon mancher Feldherr hat den Siegespalmen
Entsagt und kriegesmüd sich abgewendet...
Seht, wie Marcellus, listenreich und kühn,
An Syrakus1 umsonst die Kraft verschwendet:
1 Eyrakus fiel 212 v.Chr. nach langer Belagerung durch die Römer unter Marcus Claudius Marcellus.