<VII> daß es sich um einen Krieg handle, in dem die Kräfte beider Patteien sich die Wage hielten, daß Preußen sich auf einen Defensivkrieg beschränken müsse. In der Tat rechnete der König mit einem neuen Kriege gegen Österreich. Schon ward auf beiden Seiten gerüstet. Aber Friedrich lag selbst schwer krank an der Gicht danieder; „unter Schmerzen“ hatte er auch den Aufsatz niedergeschrieben — „scriptius in doloso“, wie er in seinem wunderlichen Latein neben dem Datum am Schlusse angibt. Man zweifelte an seiner Genesung. Er selbst war überzeugt, daß die Österreicher nur auf den Augenblick seines Todes warteten, um über Preußen herzufallen. Danach scheint diese Abhandlung wie der wenige Monate später entstandene „Abriß der preußischen Regierung“1 gleichsam als Vermächtnis für den Thronfolger bestimmt gewesen zu sein. Allein die Gefahr ging vorüber, und erst drei Jahre später kam über die Frage der Erbfolge in Bayern der Krieg zum Ausbruch.
Zum Unterricht für die Quartiermeister, in denen die Vorläufer des heutigen Generalstabs zu erblicken sind, ist endlich 1777 die Schrift „Über Kriegsmärsche“ verfaßt.
Von der zweiten Gruppe, den „Einzelschriften“, sind die „Instruktionen“ und „Dispositionen“ bereits erwähnt. Sie ergingen aus dem Kabinett; zum Teil dienten ihnen eigenhändige Niederschriften des Königs als Grundlage, so z. B. den „Regeln für einen guten Bataillonskommandeur im Kriege“, der „Instruktion für die Generalmajore der Kavallerie“ von 1759, der Instruktion für Lattorff von 17532.
Daneben gehören zu dieser Gruppe noch zwei kriegswissenschaftliche Aussätze: der bisher noch nicht veröffentlichte „Plan der Verteidigung Schlesiens gegen Böh-men“, der das Gegenstück zu dem in den „Generalprinzipien“ entwickelten Defensivplan bildet, und die „Denkschrift, wie man den Gegner zwingt, seine Stellung an der Katzbach zu verlassen“. Diese ist ein Beispiel für eine Reihe ähnlicher Aussätze, in denen Friedrich die Lösung von Problemen unternimmt, die ihm die Geschichte seiner eigenen Feldzüge bot.
Die zu einer dritten Gruppe vereinigten „Militärischen Gedenkschriften“ umfassen neben den Gedächtnisreden auf Goltz und Stille noch den für die militärischen Anschauungen des Königs außerordentlich charakteristischen Aussatz über Karl XII. von Schweden, über dessen Entstehung das Erforderliche in einer Fußnote gegeben ist.
Den glänzenden Beschluß des Bandes bildet das dem Thronfolger gewidmete Lehrgedicht „Die Kriegskunst“, das, wie auch das Motto bezeugt, den allerersten Versuch in seiner Art darstellt. Darin faßt der König in gebundener Sprache die Lehre vom Kriege zusammen, und so wird auch dieses Gedicht, das viele Anklänge an die „Generalprinzipien“ enthält, für uns zu einer Quelle für die Erkenntnis seiner militärischen Anschauungen. Es ist im Frühjahr und Sommer 1751 entstanden und dann in die „Œvrez du philosophe de Sanssouci“ aufgenommen. Die An-
1 Vgl. Bd. VII, S. VIII und 210 ff.
2 Zur Erleichterung des Verständnisses ist bei den deutsch abgefaßten „Instruktionen“ usw. den vielfach französisch lautenden Fachausdrucken die deutsche Übersetzung in Fußnoten beigefügt.