17. Vorkehrungen, um sich in Feindesland Führer zu verschaffen und zu sichern
Als wir im Jahre 1760 durch die Lausitz nach Schlesien marschierten, brauchten wir Führer. Man suchte welche in den wendischen Dörfern und brachte sie herbei. Sie taten, als ob sie kein Wort Deutsch verstünden, was uns sehr in Verlegenheit setzte. Als man sich aber entschloß, sie zu prügeln, sprachen sie Deutsch wie die Papageien. Man muß also bei den Führern in Feindesland stets auf seiner Hut sein. Anstatt ihnen zu trauen, muß man die, welche die Truppen führen sollen, binden, ihnen Belohnung verheißen, wenn sie auf dem besten und kürzesten Weg führen, ihnen aber versprechen, sie ohne Gnade zu hängen, wenn sie sich etwa verirren. Nur mit Strenge und Gewalt kann man die Böhmen und Mähren zu dergleichen Diensten zwingen. In jenen Ländern findet man nur in den Städten Einwohner. Die Dörfer sind verödet, da die Bauern sich mit ihrem Vieh und ihrer besten Habe in die Wälder oder tief in die Berge flüchten und ihre Wohnstätten leer zurücklassen. Ihr Verschwinden bringt Euch in große Verlegenheit. Woher Führer nehmen, wenn nicht von einem Dorfe zum andern? Man muß sich also an die Städte halten und nach Postillonen oder in deren Ermangelung nach Fleischern fahnden, die im Lande umherfahren und die Wege kennen. Ferner muß man die Bürgermeister zur Stellung von Führern zwingen, unter Androhung, die Städte in Brand zu stecken, wenn sie das nicht in gebührender Weise tun. Ferner kann man sich an die Jäger halten, die im Dienste des Adels stehen und die Umgegend kennen. Aber welcher Art diese Führer auch sind, man muß sie durch die Furcht zwingen und ihnen die Härteste Behandlung androhen, falls sie sich ihres Auftrages schlecht entledigen.
<198>Es gibt noch ein andres zuverlässigeres Mittel, sich Kenntnis von einem Lande zu verschaffen. Man gewinnt in Friedenszeiten einige Einwohner, die genaue Ortskenntnisse haben. Die sind sicher, und durch sie kann man leim Einmarsch in die Provinz noch andre gewinnen, die Euch die Aufgabe erleichtern, indem sie Euch die Details der örtlichkeiten verschaffen.
Karten sind gewöhnlich ziemlich genau für ebene Gegenden, obwohl man oft bemerkt, daß ein Dorf oder ein Flecken weggelassen ist. Aber die wichtigste Kenntnis ist die der Berge, Wälder, Defileen, der durchschreitbaren oder morastigen Bäche und der Flüsse mit Furten. Hierüber muß man denn auch am besten Bescheid wissen, ebenso über die Gegenden, wo nur Wiesen oder Sümpfe sind. Dabei kommen auch noch die Jahreszeiten in Betracht, die solche Landstriche durch ihre Dürre oder Nässe verändern; denn es ist oft sehr wichtig, sich über diese Einzelheiten nicht zu täuschen.
Die Quartiermeister müssen sich auch vor den Aussagen gewöhnlicher Leute hüten. öfters sagen sie einem in gutem Glauben etwas Falsches, da sie Wege und Örtlichkeiten nur nach ihrem eignen Gebrauche beurteilen und vom Militärischen keine Ahnung haben, mithin nicht wissen, welchen Gebrauch ein Soldat vom Gelände machen kann. Als die preußische Armee sich im Jahre 1745 nach der Schlacht bei Soor nach Schlesien zurückziehen wollte, ließ ich Leute aus Trautenau und Schatzlar kommen, um sie über die Straßen zu beftagen, auf denen meine Kolonnen marschieren sollten. Sie sagten mir in gutem Glauben, die Straßen wären vortrefflich, sie kämen mit ihren Wagen wundervoll durch, und viele Fuhrleute benutzten sie gleichfalls. Wenige Tage darauf machte die Armee jenen Marsch. Ich mußte meine Rückzugsdispositionen in diesem Gelände treffen. Unsre Arrieregarde wurde heftig angegriffen, aber dank den von mir getroffenen Maßregeln hatten wir keine Verluste198-1. Jene Straßen waren vom militärischen Standpunkt grundschlecht, aber die Leute, bei denen ich mich erkundigte, verstanden nichts davon und sagten in gutem Glauben aus, ohne die Absicht, mich zu täuschen. Man darf sich also nicht auf die Berichte von Unwissenden verlassen, sondern muß sie mit der Karte in der Hand über jede Geländeform ausfragen, sich Notizen machen und dann zusehen, ob man ein Kroki aufs Papier werfen kann, das ein genaueres Bild des Weges gibt, als die Karte es bietet.
198-1 Vgl. Bd. II, S. 242.