<11> des Besitzes aller, den er freilich nicht länger wahren könnte, als es die Herrschbegier des ersten besten, der da käme, zuließe.
Was kann einen Menschen, frage ich, dazu bringen, seinen Machtbereich erweitern zu wollen? Was kann ihm den Mut geben zu dem Entschlusse, seine Macht zu errichten auf dem Elend und dem Untergange anderer Menschen? Und wie vermag er zu glauben, daß er sich Ruhm und Ehre sichere, indem er nichts als Jammer verbreitet? Neue Eroberungen eines Herrschers machen die Staaten, die er bislang besaß, nicht gesegneter und reicher; nichts haben seine Völker davon, und wenn er sich einbildet, er werde dadurch glücklicher werden, so tauscht er sich. Sein Ehrgeiz wird sich auf diese eine Eroberung nicht beschranken wollen; so wird er unersättlich und damit stets unzufrieden mit sich selber sein. Wieviel große Fürsien lassen durch ihre Heerführer Länder erobern, die sie niemals zu sehen bekommen! So sind das gewissermaßen nur eingebildete Eroberungen, fast ohne jeden Wirklichkeitswert für die, in deren Namen sie geschehen. Auf das Elend von Tausenden läuft's hinaus, um die ausschweifenden Wünsche eines einzigen zu befriedigen — eines einzigen, der oft vielleicht nicht einmal verdient, daß die Welt seinen Namen kennt!
Aber nehmen wir an, dieser Eroberer unterwerfe seiner Herrschaft die ganze Welt: wird er sie darum auch regieren können? Und wär' er ein Fürst, noch so groß, er bleibt ein Wesen von eng begrenztem Wirkungsbereich, ein Atom, ein armselig Geschöpf, das, kaum bemerkbar, an der Erdoberfläche dahinkriecht. Kaum daß er die Namen seiner Länder behält, und all seine Größe wird ihn erst in all seiner Bedürftigkeit bloßstellen.
Auch ist gar nicht die Ausdehnung seines Herrschbereichs des Fürsten Ruhm; der Hängt nicht von einem Mehr oder Minder von Landmeilen ab — das hieße ja Ehre und Würde nach der Zahl der Quadratruten messen.
Ein mannhafter Sinn, ein offener Kopf, Erfahrungsfülle und Macht über die Gemüter, das sind gewiß Züge im Bilde des Eroberers, die auch an sich ihre Bewunderer finden werden; doch mißbrauchen wird solche Gaben nur Herrschbegier und Bosheit des Herzens. Ruhm gewinnt sich allein, wer seine Kräfte daran setzt, daß Recht Recht bleibe, und zum Eroberer nur wird, wenn die Not, nicht aber sein wilder Sinn es gebietet.
Es ist mit dem Kriegshelden wie mit dem Wundarzte: wenn er durch schonungslosen Eingriff ein Menschenleben rettet, schätzt man ihn hoch, verabscheut ihn aber, sobald er durch einen schändlichen Mißbrauch seines Berufes ohne Not dergleichen vornimmt, nur um seine geschickte Hand bewundern zu lassen.
Nein, nicht immer nur auf den eigenen Vorteil soll der Mensch bedacht sein; täten alle so, wo bliebe dann noch die Gesellschaft? Statt seine Sondervorteile hinter dem Gemeinwohl zurücktreten zu lassen, würde das allgemeine Beste ja das Opfer jener werden. Warum nicht lieber einstimmen in diesen köstlichen Einklang, der Reiz und Wärme dem Leben gibt, der Gesellschaft Gedeihen? Warum nicht lieber groß sein,