<213> kann er in Kriegszeiten, wenn Not am Mann ist, Rekruten liefern. Die Festungen sind in gutem Zustande, mit Ausnahme von Stettin, dessen Befestigungsplan aber fertig vorliegt. Magdeburg müßte ringsum mit Minenanlagen versehen werden. Unser schwächster Punkt ist das Ingenieurwesen. Wir brauchen noch 30 gute Ingenieuroffiziere, aber die Schwierigkeit liegt darin, sie zu finden. Die Mineure sind gut. Die Anzahl der Quartiermeister müßte gleichfalls vermehrt werden; denn wenn drei Armeen aufgestellt werden, so erfordert ihr Dienst geschicktere Männer, als wir besitzen.
Unsere Bevölkerung beläuft sich auf 5 200 000 Seelen, darunter gegen 90 000 Soldaten. Dies Verhältnis ist leidlich. Es dürfen aber aus den Kantons nicht über 840 Mann für das Regiment Infanterie und nicht über 400 Mann für das Regiment Kavallerie genommen werden.
Politik
Es gehört zu den Grundregeln der Staatskunst, ein Bündnis mit dem unter seinen Nachbarn zu suchen, der dem Staate die gefährlichsten Schläge versetzen kann. Deshalb hat Preußen mit Rußland eine Allianz geschlossen1, weil Rußland uns in Ostpreußen den Rücken deckt und wir, solange dieses Bündnis dauert, keine Einfälle Schwedens in Pommern zu befürchten haben. Die Zeiten können wechseln, und die Wandelbarkeit der politischen Verhältnisse kann uns zum Abschluß anderer Bündnisse zwingen. Wir werden aber bei anderen Mächten nie die Vorteile finden, die ein Bund mit Rußland bietet. Die französischen Truppen taugen nichts, und die Franzosen pflegen ihre Verbündeten nur lau zu unterstützen. Die Engländer sind gewohnt, Subsidien zu zahlen, und opfern ihre Verbündeten beim Friedensschluß, um ihre eigenen Interessen zu fördern2. Von Österreich will ich gar nicht reden. Es gehört fast ins Reich der Unmöglichkeit, mit ihm feste Bande zu knüpfen.
Fragt man sich, welche Erwerbungen für Preußen politisch ratsam wären, so bietet Sachsen unbestritten die größten Vorteile. Das preußische Gebiet würde durch Einverleibung Sachsens abgerundet, und die Gebirge zwischen Sachsen und Böhmen, die man befestigen müßte, gäben einen natürlichen Grenzwall ab. Es ist schwer vorauszusehen, wie sich diese Erwerbung ausführen ließe. Das sicherste wäre, Böhmen und Mähren zu erobern und Sachsen dagegen einzutauschen3. Man könnte auch die rheinischen Besitzungen, sowie Iülich oder Berg dafür hingeben oder noch einen andern Tausch machen. Jedenfalls ist die Erwerbung Sachsens unumgänglich notwendig, damit Preußen die ihm fehlende Geschlossenheit erhält. Denn ist einmal Krieg, so kann der Feind ohne den geringsten Widerstand schnurstracks auf Berlin rücken.
1 Das 1764 auf 8 Jahre geschlossene Bündnis wurde im Jahre 1769 bis 1780 verlängert.
2 Anspielung auf den Sonderfrieden, den England 1762 mit Frankreich zu Fontainebleau schloß und der durch den Pariser Frieden 1763 definitiv bestätigt wurde.
3 Vgl. S. 161.