<218> Monarchie vollständig zu zertrümmern, um widerstandslos seine despotische Herrschaft in Deutschland aufzurichten. Er wird ruhig meinen Tod abwarten, bevor er Hand ans Werk legt: darum lautet die einzige Weisung an seinen Berliner Gesandten, er solle achthaben auf meinen Gesundheitszustand und ihm hierüber zuverlässige Nachrichten senden.
Sobald ich nicht mehr sein werde und seine Fonds genugsam angewachsen sind, daß er einen langen, kostspieligen Krieg unternehmen kann, wird er Rußland gegen Preußen aufzustacheln suchen, indem er die Streitigkeiten vergiftet, dle immer wieder mit der Stadt Danzig1 und um die Besitzungen etlicher Polen an der Netze oder im Kulmer Land2 aufleben. Was ihn selbst angeht, so wird er die Grenzen Schlesiens schikanieren, entweder mit neuen Zöllen oder mit Streitigkeiten, die zwischen dem Grenzerpack und den schlesischen Kaufleuten leicht anzustiften sind. Mit den Sachsen wird er, vielleicht beim Tod des Markgrafen von Bayreuth3, Zank um das Lausitzer Lehen4 anfangen, und da er Rußlands sicher ist, wird er sich der Erbfolge Preußens widersetzen. Mit einem Wort: wenn er bloß einen Vorwand braucht, um Händel zu erregen, so wird er ihn leichtlich finden, und unser unglückliches Land wird einerseits von den Russen in Ostpreußen angegriffen werden, andrerseits von den Österreichern, in Schlesien oder in der Lausitz und Sachsen, mit der Absicht, geradenwegs auf Berlin vorzudringen.
Das wäre die Darstellung der Gefahren, von denen wir bedroht werden. Sie sind so gewaltig und von solcher Bedeutung, daß die größte Geistesanspannung erforderlich ist und alle Quellen der Vorstellungskraft erschöpft werden müssen, wenn wir die Mittel finden wollen, diesem Orkan standzuhalten oder das Ungewitter noch rechtzeitig zu beschwören. Wiewohl man auf seine Verbündeten nicht mehr als auf sich selbst rechnen soll, so müssen wir doch Bündnisse herbeizuführen suchen, um wenigstens eine Art von Gleichheit zu erreichen und ein Gegengewicht gegen die Übermacht der Feinde, damit man ihnen auf allen Seiten mindestens Kräfte entgegenstellen kann, die den feindlichen nicht gar zu sehr nachstehen.
Ich will zunächst untersuchen, was von Deutschland zu erhoffen ist. Da sehe ich den Kurfürsten von Mainz5 an das Haus Österreich verkauft, das Kurfürstentum Köln im Begriff, in die Hände eines Erzherzogs zu fallen6; das trierische ist außerstande, eine Rolle zu spielen. Bayer und Pfälzer sind Sklaven des Protonsuls Lehr-
1 Auf Grund der Verträge über die Erste Teilung Polens hatte der König den Danziger Hafen in Besitz genommen und einen preußischen Zoll eingeführt, dessen Anerkennung Danzig verweigerte.
2 Wie der Weichselzoll bildete die Festsetzung des Grenzzugs von Westpreußen eine ständige Streitfrage mit Polen.
3 Markgraf Alexander von Ansbach-Bayreuth († 1806) war kinderlos. Österreich fürchtete den Heimfall der Marlgrafentümer an Preußen.
4 Im Frieden von Prag (1635) hatte Österreich die Lausitz als böhmisches Mannslehen an Kursachsen abgetreten. Sachsen gehörte seit dem Bayerischen Erbfolgekrieg zu Österreichs Gegnern.
5 Friedrich Karl Joseph.
6 Im Sommer 1780 war Erzherzog Maximilian, der jüngste Bruder Josephs II., zum Koadjutor von Köln und von Münster gewählt worden.