<234>bedingt notwendig, daß die Handelsbilanz günstig siehe: wenn es mehr für die Einfuhr bezahlt, als es an der Ausfuhr verdient, so muß es unfehlbar von Jahr zu Jahr ärmer werden. Man stelle sich eine Geldtasche vor, die hundert Dukaten enthält: nehmen wir täglich einen heraus und tun nichts dafür hinein, so müssen wir zugeben, daß am Ende der hundert Tage die Geldtasche leer ist. Die Mittel, solchem Schaden vorzubeugen, sind folgende: Verarbeitung aller Rohstoffe, die man besitzt, Bearbeitung der fremdländischen Stoffe, um dem eigenen Land den Werklohn zuzuwenden, und billiges Arbeiten, um sich Absatz nach dem Ausland zu schaffen. Beim Handel dreht es sich um drei Punkte: um den Überschuß der Landeserzeugnisse, den wir ausführen; um die Erzeugnisse unserer Nachbarn, deren Verkauf uns bereichert; und um die fremden Waren, die wir einführen, weil unsere Bedürfnisse es erfordern. Nach diesen ebengenannten Produkten muß der Handel eines Staates sich regeln; dessen ist er von Natur aus fähig. England, Holland, Frankreich, Spanien, Portgal haben Besitzungen in beiden Indien und reichere Hilfsquellen für ihre Handelsmarine als die anderen Reiche. Seine Vorteile ausnutzen und über das Maß seiner Kräfte hinaus nichts unternehmen: das ist der Weisheit Rat.

Wir haben noch davon zu sprechen, welche Mittel am besten geeignet sind, den reichlichen Zufiuß an Lebensmitteln unveränderlich zu erhalten, den die Allgemeinheit unbedingt braucht, um in Blüte zu bleiben. Die Hauptsache ist, daß Sorge getragen werde für gute Bestellung des Landes, für Urbarmachung alles ertragfähigen Bodens, für Mehrung der Herden, damit mehr Milch, Butter, Käse und Mast geWonnen werde. Ferner ist genau festzustellen, wieviel Scheffel der verschiedenen Getreidearten in guten, mittelmäßigen und schlechten Jahrgängen geerntet werden. Da, von muß man den Verbrauch abziehen und hieraus ermitteln, wieviel überflüssig ist und also ausgeführt werden darf, oder aber was zur Verbrauchsmenge noch fehlt und demnach beschafft werden muß. Jeder Herrscher, dem das Gemeinwohl am Herzen liegt, ist verpflichtet, sich mit wohlversorgten Magazinen zu versehen1, um Mißernten auszugleichen und der Hungersnot vorzubeugen. In Deutschland haben wir während der schlechten Jahre 1771 und 1772 gesehen, welche Nöte Sachsen und die Lande im Reiche auszustehen hatten, weil diese nutzbringende Voraussicht versäumt worden war. Das Volk mahlte die Rinde der Eichen, um sie für die Ernährung zu verwenden. Die elende Speise erhöhte nur noch die Sterblichkeit; viele Familien gingen rettungslos zugrunde; es war eine allgemeine Verheerung. Andere wandetten aus, fahl, bleich, abgezehrt, um in der Fremde Hilfe zu finden. Ihr Anblick erregte tiefes Mitleid; ein Herz von Stein hätte er gerührt. Welche Vorwürfe mußte sich nicht ihre Obrigkeit machen, da sie diesem Unglück zuschaute, ohne HUfe bringen zu können!

Wir kommen nunmehr zu einem anderen Gegenstand, der wohl ebenso interessant ist. Es gibt wenige Länder, wo die Bürger die gleichen religiösen Anschauungen


1 Vgl. V. 139.