<255> Wege, um die Schulden zu bezahlen, ohne das öffentliche Vertrauen zu erschüttern und ohne die Untertanen zu bedrücken. Dann bürge ich ihm dafür, daß er sofort zum Finanzminister ernannt wird.
Früher hat man, sobald ein Nachbarstaat gefährlich ward, in aller Eile die Bauern bewaffnet. Diese Miliz erhielt keinen regelmäßigen Sold, sie war auf Raub und Plünderung angewiesen. Bei Friedensschluß wurde sie entlassen. Ein echter Philosoph würde nun wohl unparteiisch untersucht haben, ob die großen Heere, die auch in Friedenszeiten unterhalten werden, und die kostspieligen Kriege von heute vorteilhafter oder minder vorteilhaft sind als der alte Brauch.
Der einzige Gewinn, den die Alten davon hatten, lag darin, daß das Heer ihnen in Friedenszeiten nichts kostete. Sobald die Sturmglocke ertönte, ward jeder Bürger Soldat. In unsrer Zeit hingegen, da die Stände sich mehr gespalten haben, fahren Bauer und Gewerbetreibender ohne Unterbrechung in ihren Verrichtungen fort, weil ein vorbestimmter Teil der Staatsbürger den Schutz der anderen übernimmt. Wenn unsere großen Heere wahrend der Feldzüge auf Staatskosten erhalten werden und dadurch teuer sind, so ergibt sich daraus doch wenigstens der Vorteil, daß die Kriege höchstens acht bis zehn Jahre dauern können. Wenn nämlich den Herrschern dann das Geld ausgeht, so geben sie sich manches Mal friedlicher, als wenn es bloß nach ihrer Neigung ginge. Unser modernes Verfahren hat also die Wirkung, daß unsere Kriege kürzer als die der Alten und minder verheerend für die Gegenden sind, die den Schauplatz bilden. Den großen Unkosten, die sie mit sich bringen, verdanken wir die Friedensepochen, deren wir uns erfreuen. Sie sind gegenwärtig noch kurz genug, durch die Erschöpfung der Mächte werden sie aber wahrscheinlich länger werden.
Ich fahre fort. Unser Königsfeind behauptet, die Herrscher hätten ihre Macht nicht von Gottes Gnaden erhalten. Wir wollen ihm dessentwegen nicht weiter zusetzen. Es glückt ihm so selten, recht zu haben, daß es üble Laune verriete, wenn man ihm auch da widersprechen wollte, wo die Wahrscheinlichkeit einmal für ihn ist.
In der Tat, die Capetinger ergriffen mit Gewalt Besitz von der Herrschaft, die Karolinger bemächtigten sich ihrer mit Geschick und List, die Valois und die Bourbonen gewannen die Krone durch das Recht der Erbschaft. Auch Titel wie Ebenbilder der Gottheit oder Statthalter der Gottheit wollen wir dem Verfasser preisgeben, da sie so wenig zutreffen. Die Könige sind Menschen wie die anderen. In einer Welt, wo nichts Vollkommenheit hat, genießen sie keineswegs des ausschließlichen Vorrechts, vollkommen zu sein. Sie bringen ihre Verzagtheit ober Entschlossenheit, ihre Tatkraft oder Trägheit, ihre Lasier oder Tugenden mit auf den Thron, wohin der Zufall der Geburt sie setzt. In einem erblichen Königreich müssen mit Notwendigkeit Fürsten unterschiedlichsten Charakters einander folgen.
Es wäre ungerecht, zu fordern, daß die Fürsten ohne Fehl seien, während man es selber nicht ist. Es gehört keine Kunst dazu, zu sagen: dieser oder jener ist träge, geizig, verschwenderisch oder liederlich. Sowenig, wie wenn man beim Spaziergang