Schreiben des Königs an den Prinzen von Preußen August Wilhelm
Pogarell, 8. April 17411.
Mein lieber Bruder!
Soeben rückt der der Feind in Schlesien ein, wir sind nicht mehr als eine viertel Meile von ihm entfernt. Der morgige Tag soll also über unser Schicksal entscheiden. Wenn ich sterbe, so bewahre das Andenken an einen Bruder, der Dich stets innig geliebt hat. Sterbe ich, so empfehle ich Dir meine liebe Mutter, meine Bedienten und mein erstes Bataillon. Ich habe Eichel und Schumacher2 von allen meinen letzten Bestimmungen unterrichtet. Bleibe stets meiner eingedenk, aber tröste Dich über meinen Verlust. Der Ruhm der preußischen Waffen und die Ehre des Hauses bestimmen mein Handeln und werden mich bis in den Tod leiten. Du bist mein alleiniger Erbe. Sterbe ich, so empfehle ich Dir die, die ich im Leben am meisten geliebt habe: Keyserlingk, Jordan, Wartensleben, Hacke3, der ein Ehrenmann ist, Fredersdorf4 und Eichel, auf die Du Dich ganz verlassen kannst. Ich vermache 8 000 Taler, die ich bei mir habe, meinen Bedienten. Alles, was ich sonst besitze, liegt in Deiner Hand. Jedem meiner Brüder und Schwestern mache ein Geschenk in meinem Namen. Tausend Grüße und Komplimente an meine Schwester in Bayreuth. Du weißt, was ich über sie alle denke, und besser, als ich es zu sagen vermag, kennst Du die Liebe und alle Gefühle unverbrüchlicher Freundschaft, mit denen ich auf immer verbleibe, mein lieber Bruder, Dein treuer Bruder und Diener bis zum Tode
F r i d e r i ch.
1 Am Vorabend der Schlacht bei Mollwitz, die für den 9. April geplant war, aber wegen Schneegestöbers an diesem Tage auf den 10. verschoben wurde (vgl. Bd. II, S. 73).
2 August Friedrich Eichel (vgl. S. 155) und Elias Schumacher, die Kabinettsselretäre des Königs.
3 Die Obersten und Generaladjutanten Dietrich von Keyserling!, Graf Leopold Alexander Wartensleben, Graf Hans Christoph Friedrich Hase und Charles Etienne Jordan, der Sekretär und literarische Berater des Königs.
4 Michael Gabriel Fredersdorf, Geheimer Kämmerier.