<41> und Bajonette vor, dazu eine neue Kriegskunst, zahllose mörderische Erfindungen für Angriff und Verteidigung fester Plätze und ein ausgebildetes Verfahren der Truppenverpfiegung, heut so notwendig wie seinerzeit die Kunst, den Feind zu besiegen.
Was aber würde erst Machiavell selbst sagen, sähe er die Neugestaltung der europatschen Machtverhältnisse, so viele große Fürsten, die damals in der Welt nichts bedeuteten und heut eine Rolle spielen, die Macht der Könige fest gegründet, die Art, wie die Herrscher ihre Verhandlungen führen, diese bevollmächtigten Spione, die man wechselseitig an allen Höfen unterhält, und dies Gleichgewicht Europas, das auf dem Bündnis einiger bedeutender Fürsten wider ehrgeizige Störenfriede ruht, einem Bunde, den Weisheit schuf, der die Gleichheit aufrechterhält und der zum Zwecke nur den Weltfrieden hat.
All diese Errungenschaften schufen einen so durchgreifenden Wandel im ganzen wie im einzelnen, daß nun die meisten der Gedanken Machiavells auf unser heutiges Staatsleben gar keine Anwendung mehr finden und entwertet sind. Das erhellt im besonderen aus diesem Kapitel hier. Dafür einige Beispiele.
Machiavell nimmt an: „Ein Fürst mit ausgedehntem Gebiete, zudem mit GeldMitteln und Truppen wohlausgerüstet, kann sich ohne die Unterstützung irgendeines Verbündeten, aus eigener Kraft wider die Angriffe seiner Feinde behaupten.“
Das möcht' ich in aller Bescheidenheit bestreiten, vielmehr die Behauptung wagen, daß ein Fürst, mag er noch so achtunggebietend sein, auf sich selbst gestellt, starken Gegnern nicht gewachsen ist, daß er notwendigerweise der Hilfe eines Verbündeten bedarf. Wenn schon der größte, wehrhafteste und mächtigste Fürst Europas, wenn ein Ludwig XI V. drauf und dran war, im Spanischen Erbfolgekriege zu erliegen, und aus Mangel an Verbündeten dem furchtbaren Bunde der zahllosen Könige und Fürsten, der ihn erdrücken wollte, kaum noch zu widerstehen vermochte, wieviel weniger kann jeder andere Fürst, der ihm nicht zu vergleichen ist, in Vereinzelung, ohne zuverlässige und starke Bundesgenossenschaft verharren, wenn er nicht alles aufs Spiel setzen will!
Man meint, und jeder spricht es nach, ohne es recht zu bedenken, Verträge seien eigentlich ohne Wert, sie würden doch fast niemals in all ihren Abmachungen innegehalten, man sei in unserm Jahrhundert darin noch gewissenloser als in jedem andern. Wer so denkt, dem entgegne ich: Zweifellos finden sich in alter und sogar in neuester Zeit Beispiele von Fürsten, die ihre Verpflichtungen nichts weniger als ernst genommen haben. Und doch ist es vorteilhaft, Verträge zu schließen; denn zum mindesten habt ihr so viel Feinde weniger, als ihr Verbündete gewinnt, und leisten sie euch sonst keine Hilfe, so nötigt ihr sie doch immerhin zur Beobachtung unbedingter Neutralität.
Machiavell spricht dann von den „principini“, jenen Duodezfürsten, die bei der Kleinheit ihrer Staaten kein Heer ins Feld schicken können; denen macht er die Befestigung ihrer Hauptstadt zur dringenden Aufgabe, damit sie sich im Kriegsfalle dort mit ihren Truppen einschließen können.