<89> erhöhte Bedeutung und Gesittung geben. Unser Buch enthält von vorn bis hinten nichts als Betrachtungen über jene erste Art der Vergrößerung; reden wir doch auch einmal von der zweiten, die unschuldiger und gerechter ist und dabei ganz so gedeihlich wie jene.
Die für das Leben notwendigsten Fertigkeiten sind die Landwirtschaft, der Handel und der Gewerbefieiß; die Wissenschaften, darinnen der Menschengeist seine höchste Würde offenbart, sind die Geometrie, Philosophie, Astronomie, Redekunst und Poesie, alles schließlich, was man unter dem Namen der schönen Künste versieht.
Wie nun jegliches Land seine eigene Natur hat, so ruht die Stärke des einen in seiner Landwirtschaft, die anderer im Weinbau, hier in den Gewerben, da im Handel; auch gedeihen diese Fertigkeiten in manchem Lande wohl gleichzeitig nebeneinander.
Entscheidet sich nun ein Fürst für diese friedliche und freundliche Form der Machterweiterung, so wird seine nächste Aufgabe sein, sich um die gründliche Kenntnis der Natur seines Landes zu bemühen, um sich darüber klar zu werden, welche von jenen Erwerbsmöglichkeiten dort die aussichtsvollsten und welche demgemäß zu fördern am dringendsten die Pflicht gebietet. Den Franzosen und Spaniern ward das Fehlen des Handels fühlbar, und so sannen sie denn auf Mittel, den der Engländer zu vernichten. Sollte Frankreich damit Glück haben, so würde der Niedergang des englischen Handels seine Machtstellung in viel beträchtlicherem Maße heben, als es die Eroberung von zwanzig Städten und tausend Dörfern vermöchte, und England und Holland, die beiden blühendsten und reichsten Länder der Welt, würden dabei ganz allmählich zugrunde gehn, wie ein Kranker, der an der Schwindsucht oder Auszehrung dahinsiecht.
Die Länder, deren Getreide- und Weinbau all ihren Reichtum darstellt, haben zweierlei zu beobachten: erstens sollen sie alles Land sorglich urbar machen, um jedes Fleckchen Bodens auszunutzen; zweitens sollen sie auf jede Weise bedacht sein, den Absatz zu vergrößern und zu erweitern, ferner ihre Waren wohlfeU zu befördern und deren Preis nach Möglichkeit heraufzuschrauben.
Die Industrie bringt vielleicht jedem Staate am meisten Nutzen und Gewinn; denn sie befriedigt die Bedürfnisse und den Luxus der Einwohner, und auch die Nachbarn sehen sich genötigt, eurem Gewerbefieiß ihren Zoll zu entrichten. So wird auf der einen Seite das Geld im Lande gehalten, auf der anderen muß es hereinströmen.
Stets war's meine Überzeugung, daß der Mangel an diesen Erzeugnissen eine Ursache mehr für die ungeheuren Auswanderungen aus den Nordlanden gewesen ist, so der Goten und der Vandalen, die so häufig die südlichen Länder überschwemmten. In jenen fernen Zeiten kannte man in Schweden, in Dänemark wie im größten Teile von Deutschland von allen Fettigkeiten nur den Ackerbau; der ertragfähige Boden war auf eine bestimmte Anzahl von Eignern verteilt, die ihn bebauten und ihren Unterhalt daraus zogen. Nun ist aber das Menschengeschlecht zu jeder Zeit von