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Vorrede zum Auszug aus Fleurys Kirchengeschichte (1766)1

Das Christentum hat wie alle Mächte der Welt einen bescheidenen Anfang gehabt. Der Held dieser Sekte ist ein Jude aus der Hefe des Volkes, von zweifelhafter Herkunft, der in die Abgeschmacktheiten der alten hebräischen Weissagungen gute Morallehren sticht, dem man Wunder zuschreibt und der am Ende zu schimpflichem Tode verurteilt wird. Zwölf Schwärmer verbreiten seine Lehre vom Morgenland bis nach Italien, gewinnen die Geister durch die reine und heilige Moral, die sie predigen, und lehren — einige Wunder abgerechnet, die Menschen mit glühender Einbildungskraft aufregen konnten — nichts als den Deismus.

Die christliche Religion begann sich zu der Zeit auszubreiten, wo das römische Reich unter der Tyrannei einiger Wüteriche seufzte, die es nach einander beherrschten. Der Bürger, der unter ihrem blutigen Regiment schon auf alles Elend gefaßt war, das die Menschheit befallen kann, fand nirgends Trost und Beistand gegen so große Leiden außer im Stoizismus. Die christliche Moral war mit der stoischen Lehre verwandt: das ist die einzige Ursache der raschen Fortschritte, die das Christentum machte.

Seit der Regierung des Claudius2 hielten die Christen zahlreiche Versammlungen ab, in denen sie ihre Liebesmahle oder gemeinsamen Mahlzeiten einnahmen. Die Häupter der Regierung schöpften um so mehr Verdacht, als sie sich ihrer Tyrannei bewußt waren. Sie verboten diese Versammlungen, die heimlichen Zusammenkünfte und jede Zusammenrottung des Volkes; denn sie fürchteten, es könnte sich daraus eine Verschwörung entspinnen und irgend ein kühner Volksführer möchte die Fahne der Empörung aufpflanzen. Der Glaubenseifer der Frommen trotzte dem Verbot des Senates. Einige Schwärmer störten die Opferfeiern und trieben ihre fromme Frechheit so weit, daß sie die Götterbilder umstürzten. Andre zerrissen die kaiserlichen Edikte. Ja, einige Christen, die in den Legionen dienten, verweigerten den Gehorsam. Das war der Grund zu den Verfolgungen, die die Kirche sich


1 Der vom König besorgte Auszug aus der Kirchengeschichte von Claude Fleury erschien mit der obigen Vorrede 1766 in Berlin. Die Ausgabe war als Übersetzung aus dem Englischen bezeichnet, als Druckort Bern genannt. Papst Klemens XI V. setzte das Buch 1770 auf den Index.

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