<283> aufdrängen, haben mich überzeugt, daß es für einen verständigen Menschen das klügste ist, ein ruhiges, sorgloses und müheloses Pflanzendasein zu führen und sich so wenig wie möglich anzustrengen, bis wir ins Grab sinken, das uns allen beschieden ist.
Nach diesem Plane habe ich stets gelebt. Da begegnete mir eines Tages Professor Garbojos, dessen Verdienste Sie kennen. Wir unterhielten uns über diesen Gegenstand, und er erwiderte mir mit der ihm eignen Lebhaftigkeit: „Ich gratuliere Ihnen, Herr Baron, daß Sie ein so großer Philosoph sind!“ — „Ich? Durchaus nicht!“ entgegnete ich. „Ich kenne diese Art von Leuten garnicht und habe nichts von ihren Machwerken gelesen. Meine ganze Bibliothek besieht nur aus sehr wenigen Büchern; Sie finden darin nur den 'Perfekten Landwirt', die Zeitungen und den laufenden Kalender; das genügt.“ — „Trotzdem“, fuhr er fort, „sind Sie voll von den Grundsätzen Epikurs. Wenn man Sie so hört, sollte man glauben, Sie wären in seinem Garten heimisch.“ — „Ich kenne weder Epikur noch seinen Garten“, erwiderte ich; „aber was lehrt denn dieser Epikur? Bitte, unterrichten Sie mich doch darüber.“ Da nahm mein Professor eine würdevolle Miene an und sprach also: „Ich sehe, daß die schönen Geister sich berühren, da der Herr Baron ebenso denkt wie ein großer Philosoph. Epikur lehrte, sich nie in Geschäfte noch in die Regierung zu mischen, und zwar aus folgenden Gründen. Um sich jene Seelenruhe zu bewahren, worin nach seiner Lehre das Glück besieht, darf der Weise seine Seele nicht der Gefahr aussetzen, von Verdruß, Zorn und andren Leidenschaften erregt zu werden, die die Sorgen und Geschäfte notwendig mit sich bringen. Es sei also besser, jede Verlegenheit, jede unangenehme Tätigkeit zu meiden, die Welt gehen zu lassen, wie sie geht, und alle Kräfte zur Selbsterhaltung zusammenzunehmen.“ — „Guter Gott“, rief ich aus, „wie entzückt bin ich von diesem Epikur! Bitte leihen Sie mir sein Buch.“ — „Wir besitzen von ihm“, erwiderte jener, „kein vollständiges Lehrgebäude, sondern nur verstreute Bruchstücke. Lukrez hat einen Teil seines Systems in schöne Verse gebracht. Einzelne Brocken finden wir in den Werken von Cicero, der einer andren Sekte angehörte und alle seine Behauptungen widerlegt und vernichtet.“
Sie können sich nicht vorstellen, wie stolz ich war, in mir selbst das gefunden zu haben, was ein alter griechischer Philosoph vor fast dreitausend Jahren gedacht hat! Das bestärkt mich mehr und mehr in meinen Ansichten. Ich beglückwünsche mich zu meiner Unabhängigkeit; ich bin frei, bin mein eigner Herr, Fürst und König. Ich überlasse ungestümen Toren den trügerischen Traum von Größe, dem sie nachjagen. Ich lache über die Habgier der Geizigen, die eitle Schätze sammeln, die sie im Tode verlassen müssen, und stolz auf die Vorzüge, die ich besitze, erhebe ich mich über die ganze Welt.
Ich hoffe auf Ihren Beifall; denn ich denke wie ein Philosoph, den ich weder gesehen noch gelesen habe. Die Natur allein muß diese Übereinstimmung der Meinungen erzeugt haben; sie müssen also Wahrheit enthalten. Haben Sie die Güte,