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Alfred der Große gab England die erste Gesetzsammlung. So mild diese Gesetze auch waren, der König war unerbittlich gegen die Beamten, die sich hatten bestechen lassen. Die Geschichte berichtet, er habe in einem Jahre vierundvierzig pflichtvergessene Richter hängen lassen. Nach dem Gesetzbuch Alfreds des Großen (890,Rapin-Thoyras) muß jeder Engländer, der eines Verbrechens angeklagt ist, von seinesgleichen gerichtet werden. Dies Vorrecht hat die Nation noch heute.

Eine neue Gestalt erhielt England, als Wilhelm, Herzog der Normandie, das Land eroberte (1066). Er setzte neue oberste Gerichtshöfe ein, deren einer, der des Erchequer, noch besieht. Diese Gerichtshöfe folgten dem König allenthalben. Er trennte die geistliche Gerichtsbarkeit von der weltlichen. Seine Gesetze waren in normannischer Sprache verfaßt. Das strengste richtete sich gegen das Wildern, auf das Verstümmelung, ja Tod stand.

Die Nachfolger Wilhelms des Eroberers gaben verschiedene Charters. Heinrich I., genannt Beauclerc, gestattete (II00) den Adligen, ihr Erbe ohne Erbschaftssteuer anzutreten. Ja er erlaubte dem Adel, ohne seine Einwilligung zu heiraten. Im Jahre 1136 erklärte König Stephan in einer Charter, seine Macht vom Volk und von der Geistlichkeit zu haben. Er bestätigte die Vorrechte der Kirche und schaffte die strengen Gesetze Wilhelms des Eroberers ab.

Dann gab Johann ohne Land seinen Untertanen die sogenannte Magna (Charta (1215), die aus 62 Artikeln besieht. (Rapin-Thoyras, Buch VIII.) Die Hauptartikel regeln das Lehnswesen und das Erbteil der Witwen. Verboten wird, die Witwen zu einer zweiten Ehe zu zwingen. Sie müssen sich aber durch Bürgschaft verpflichten, ohne Erlaubnis ihres Lehnsherrn nicht wieder zu heiraten. Die Magna Charta weist den Gerichtshöfen ständige Sitze an und verbietet dem Parlament die Erhebung von Auflagen ohne Zustimmung der Gemeinden, außer wenn der König loszukaufen, sein Sohn zum Ritter zu schlagen oder seine Tochter auszustatten ist. Sie verbietet irgend jemand ins Gefängnis zu werfen, ihn seiner Güter zu berauben oder hinzurichten, ohne daß seinesgleichen ihn nach den Landesgesetzen gerichtet haben. Auch verpflichtet sich der König, niemandem die Gerechtigkeit zu verkaufen noch zu verweigern.

Die Westminstergesetze, die Eduard I. erließ (1274), waren nur eine Erneuerung der Magna Charta, außer daß er den Kirchen und Klöstern den Erwerb von Gütern verbot und die Juden des Landes verwies.

England hat zwar viele weise Gesetze, aber sie werden vielleicht in keinem Lande Europas weniger befolgt. Wie Rapin-Thoyras sehr richtig bemerkt, hat die Reglerungsform den Fehler, daß die Königsgewalt im Parlament stets einen Gegner hat. Beide Teile beobachten einander, um ihre Autorität zu wahren oder zu erweitern. Das aber hindert sowohl den König wie die Volksvertretung, gehörig für die Aufrechterhaltung der Rechtspflege zu sorgen. Diese unruhige, stürmische Regierung ändert in einem fort die Gesetze durch Parlamentsakte, wie gerade die Umstände und Ereig-