<308> erwünschten großen Geister hervorzubringen. Es gibt zwar noch Gelehrte, aber was glauben Sie: ich muß das Studium des Griechischen aufmuntern; denn ohne meine Bemühungen ginge die Kenntnis dieser Sprache ganz verloren1.

Sie werden aus meiner ehrlichen Darlegung selbst sehen, daß Ihr Vaterland noch nicht zu fürchten hat, von den andren Völkern überflügelt zu werden. Ich für mein Teil danke dem Himmel, daß ich noch in der guten Zeit zur Welt kam. Ich habe die letzten Zeiten dieses für den menschlichen Geist ewig denkwürdigen Jahrhunderts gesehen. Heute verfällt alles, aber die nächste Generation wird noch schlechter sein als die unsre. Anscheinend wird es immer weiter bergab gehen, bis eines Tages ein großes Genie auftritt, das die Welt aus ihrer Erstarrung aufrüttelt und ihr den stimulus wiedergibt, der sie zu allem antreibt, was für die ganze Menschheit schätzbar und nützlich ist.

Unterredung des Königs mit dem österreichischen Gesandten Freiherrn Gottfried van Swieten
(23. Juli 1774)

Swieten berichtet an Fürst Kaunitz am 26. Juli 1774 über eine Audienz bei König Friedrich: „Wir sprachen auch über die deutsche Literatur. Der König fängt an, eine gute Meinung davon zu bekommen, und sieht große Fortschritte voraus. Er zitierte die Fabeln von Gellert, die er mit denen von Äsop und La Fontaine verglich2. Ich erwähnte Geßner, den er nicht kennt3. Auch Klopstock passierte Revue, aber der König fand ihn — mit Recht — zu schwülstig, obgleich ich zweifle, daß er ihn gelesen hat. Die Form der Hexameter, die Klopsiock angewandt hat, führte uns darauf, die deutsche Sprache zu loben, weil sie feste Versmaße hat4. Hierbei erzählte mir der König, Gottsched habe ihm einst, als er ihn in Leipzig sah5, einen Begriff von jenem Rhythmus geben wollen. Der Pedant hätte ihm mit dröhnender Stimme vordeklamiert: ,Der Donner, das Wetter, der Hagel/ Dabei suchte er Gottscheds Sprache und Betonung nachzuahmen. Der König sprach so laut, daß ich unwillkürlich lächeln mußte bei dem Gedanken, daß die Leute im Nebenzimmer glauben könnten, er wäre sehr böse, da sie ihn so grimmig fluchen hörten.“


1 Vgl. S. 258 f.

2 Vgl. S. 76.

3 Vgl. S. 76.

4 Vgl. S. 76.

5 Oktober 1757 und Januar 1761.