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In allen Ländern gibt es drei Arten von Gesetzen: erstens das Staatsrecht, das die Regierungsform bestimmt, zweitens das Strafrecht, das die Sitten betrifft und Verbrechen bestraft, drittens das Zivilrecht, das die Erbschaften, Vormundschaften, Zinsen und Kontrakte regelt.

Die Gesetzgeber der Monarchien sind gewöhnlich die Fürsien selbst. Sind ihre Gesetze mild und gerecht, so erhalten sie sich von selber, da jeder Bürger seinen Vorteil dabei findet. Sind sie aber hart und tyrannisch, so werden sie bald abgeschafft, weil man sie mit Gewalt aufrechterhalten muß und der Tyrann allein gegen ein ganzes Volk sieht, das nichts so sehr wünscht, als sie zu beseitigen.

In mehreren Republiken, wo die Gesetzgeber Bürger waren, hielten sich die Staatsgesetze nur dann, wenn sie ein richtiges Gleichgewicht zwischen der Macht der Regierung und der Freiheit der Bürger schufen.

Nur bei den Sittengesetzen befolgen die Gesetzgeber im allgemeinen den gleichen Grundsatz, jedoch mit der Ausnahme, daß sie gegen dies oder jenes Verbrechen bald mehr, bald weniger sireng sind, jedenfalls weil sie wissen, zu welchen Lastern ihr Volk am meisten neigt. Die Sittengesetze sind Dämme, die man dem Lasier entgegensetzt. Man muß ihnen also durch Furcht vor Strafe Respekt verschaffen. Aber es trifft doch zu, daß die Gesetzgeber, die am wenigsten harte Strafen verhängen, immerhin der Menschlichkeit ihren Tribut zollen.

Die bürgerlichen Gesetze zeigen die größte Mannigfaltigkeit. Bei ihrer Einführung fanden die Gesetzgeber gewisse, allgemein bestehende Gebräuche und wagten sie nicht abzuschaffen, um die Vorurteile des Volkes nicht zu verletzen. Sie ehrten das Herkommen, kraft dessen man sie für gut hielt, und ließen sie, auch wenn sie unbillig waren, lediglich ihres Alters wegen bestehen.

Wer sich die Mühe gibt, die Gesetze mit philosophischem Blick zu studieren, der wird jedenfalls viele finden, die der natürlichen Billigkeit auf den ersten Blick zu widersprechen scheinen. Und doch ist das nicht der Fall. Ich begnüge mich mit einem Beispiel: dem Erstgeburtsrecht. Nichts scheint billiger, als die Hinterlassenschaft des Vaters gleichmäßig unter alle seine Kinder zu verteilen. Gleichwohl lehrt die Erfahrung, daß die reichsten Familien trotz des größten Besitzes mit der Zeit verarmen, wenn dieser in viele Teile zerfällt. Daher haben die Väter lieber ihre jüngeren Söhne enterbt, als ihre Familien dem sicheren Verfall geweiht. Ebenso sind Gesetze, die einigen Privatleuten hart und lästig erscheinen, doch nicht minder weise, sobald sie auf den Vorteil der Gesellschaft abzielen. Der Gesamtheit wird ein aufgeklärter Gesetzgeber stets die einzelnen aufopfern.

Die Schuldgesetzgebung erfordert zweifellos die meiste Vorsicht und Klugheit. Werden die Gläubiger begünstigt, so kommen die Schuldner in eine zu üble Lage, und ein unglücklicher Zufall kann ihre Wohlfahrt auf immer zugrunde richten. Sind hingegen die Schuldgesetze für diese vorteilhaft, so schädigen sie das öffentliche Vertrauen und heben die Verträge auf, die sich auf Ehrlichkeit gründen. Die rechte Mittelstraße