<57>gungen es bedarf, um seine Bedürfnisse zu befriedigen und seinen oft wunderlichen Neigungen zu genügen.
Wie viele Kenntnisse erheischt nicht der Krieg, der zuweilen notwendig ist, aber oft auch zu leichtsinnig unternommen wird! Schon die Erfindung des Schießpulvers hat die Kriegführung so völlig verändert, daß die größten Helden des Altertums, wenn sie heute auf die Welt zurückkehrten, sich zur Behauptung ihres rechtmäßig erworbenen Ruhmes mit unsren Entdeckungen vertraut machen müßten. In der heutigen Zeit muß ein Kriegsmann Mathematik, Befestigungskunst, Hydraulik und Mechanik studieren, um Festungswerke anlegen und künstliche Überschwemmungen herbeiführen zu können, um die Kraft des Pulvers zu kennen, den Wurf der Bomben zu berechnen, die Wirkung der Minen zu bestimmen, den Transport der Kriegsmaschinen erleichtern zu können. Er muß mit der Lagerkunst, der Taktik, der Mechanik des Exerzierens vertraut sein, muß genaue Kenntnis des Geländes und der Geographie besitzen. Seine Feldzugspläne müssen, obwohl er auf Mutmaßungen beschrankt ist, einem mathematischen Beweise gleichen. Er muß die Geschichte aller früheren Kriege im Kopfe haben, damit seine Phantasie aus ihr wie aus einer fruchtbaren Quelle schöpfen kann.
Aber nicht allein die Heerführer müssen ihre Zuflucht zu den Archiven der Vergangenheit nehmen. Auch der Beamte, der Jurist könnten ihre Pflicht nicht erfüllen, wenn sie den Teil der Geschichte, der die Gesetzgebung betrifft, nicht gründlich beherrschen. Es genügt nicht, daß sie den Geist der Gesetze ihres Vaterlandes studiert haben, sie müssen auch den der andren Völker kennen und wissen, bei welchen Anlässen die Gesetze eingeführt oder abgeschafft wurden.
Selbst die Träger der Staatsgewalt und die, welche unter ihnen die Regierung leiten, können das Geschichtsstudium nicht entbehren. Die Geschichte ist ihr Brevier, ein Gemälde, das ihnen die feinsten Schattierungen der Charaktere und Handlungen der Machthaber, ihre Tugenden und Laster, ihr Glück und Unglück und ihre Hilfsmittel zeigt. In der Geschichte ihres Vaterlandes, auf die sie ihr Hauptaugenmerk richten müssen, finden sie den Ursprung seiner guten und schlechten Einrichtungen und eine Kette von zusammenhängenden Ereignissen, die sie bis an die Gegenwart führt. In ihr finden sie die Gründe, die die Völker vereinigt und ihre Bande wieder zerrissen haben, Beispiele, die nachzuahmen oder zu vermeiden sind. Aber welch ein Gegenstand des Nachdenkens ist für einen Herrscher erst die Musterung all der Fürsten, die ihm die Geschichte vorführt! Unter ihnen befinden sich notwendig solche, deren Charaktere oder Handlungen mit den seinen verwandt sind, und im Urteil der Nachwelt sieht er wie in einem Spiegel das Urteil, das seiner selbst harrt, sobald mit seinem Hinscheiden die Furcht, die er einflößte, völlig verschwunden ist.
Sind die Historiker die Lehrer der Staatsmänner, so sind die Logiker die Zerschmetterer der Irrtümer und des Aberglaubens. Sie haben die Hirngespinste geistlicher und weltlicher Marktschreier bekämpft und zerstört. Ohne sie würden wir vielleicht noch