<90> daß die Tiere keine Maschinen sind. Daran wird sich ein Abriß des Newtonschen Systems vom leeren Raume schließen, den man annehmen muß, ohne sagen zu können, ob das eine Negation des Daseins oder ob die Leere ein Wesen sei, von dessen Natur wir uns keinen bestimmten Begriff machen können. Das hindert jedoch nicht, daß der Professor seine Hörer von der völligen Übereinstimmung des von Newton berechneten Systems mit den Naturerscheinungen unterrichtet, die die Neueren zur Annahme der Schwere, der Gravitation, der Zentripetal- und Zentrifugalkraft nötigt, verborgenen Eigenschaften der Natur, die bis auf diesen Tag unerforscht geblieben sind.

Nun wird die Reihe an Leibniz kommen, an das Monadensystem und die prästabilierte Harmonie. Der Professor wird zweifellos darauf hinweisen, daß es ohne Einheit keine Zahl gibt. Es müssen also unteilbare Körper angenommen werden, aus denen die Materie besieht. Er wird seinen Zuhörern klarmachen, daß die Materie theoretisch unendlich teilbar ist, daß aber in der Wirklichkeit die Urkörper sich wegen ihrer zu großen Kleinheit der Wahrnehmung entziehen und daß man notwendig unzerstörbare Atome annehmen muß, die die Grundlage der Elemente bilden; denn aus nichts entsteht nichts, und nichts geht zu Grunde. Der Professor wird das System der prästabilierten Harmonie als den Roman eines genialen Mannes darstellen1 und gewiß hinzufügen, daß die Natur den kürzesten Weg nimmt, um zu ihren Zielen zu gelangen. Er wird bemerken, daß man die Dinge nicht ohne Notwendigkeit vervielfältigen darf.

Dann wird Spinoza an die Reihe kommen. Er wird ihn ohne Mühe mit den gleichen Argumenten widerlegen, die er gegen die Stoiker angewandt hat. Wenn er Spinozas System da angreift, wo es die Existenz des höchsten Wesens zu leugnen scheint, so wird es ihm leicht fallen, es zu Staub zu zermalmen, zumal wenn er die Bestimmung jedes Dinges, den Zweck aufzeigt, wozu es geschaffen ist. Alles, selbst das Wachstum eines Grashalmes, beweist das Dasein Gottes. Wenn der Mensch auch nur einen Funken von Verstand besitzt, den er sich nicht selbst gegeben hat, mit wieviel mehr Grund muß dann das Wesen, von dem er alles hat, einen unendlich tieferen und unermeßlichen Verstand besitzen!

Unser Professor wird Malebranche2 nicht ganz übergehen. Er wird die Grundlehren dieses gelehrten Paters aus dem Orden des Oratoriums entwickeln und dabei zeigen, daß die daraus von selbst entfließenden Folgerungen zur Lehre der Stoiker zurückführen, zur Annahme einer Weltseele, von der alle lebenden Wesen Teile sind. Wenn wir aber in Gott alles sehen, wenn unsre Gefühle, Gedanken und Wünsche und unser Wille unmittelbar aus seiner geistigen Einwirkung auf unsre Organe entstehen, so werden wir zu Maschinen, die Gottes Hand bewegt. Gott allein bleibt, und der Mensch verschwindet.


1 Vgl. S. 40f.

2 Vgl. S. 40.