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Aus allem bisher Dargelegten ergibt sich allgemein die Notwendigkeit, alle alten und neuen Klassiker mit Fleiß und Eifer ins Deutsche zu übertragen. Das brachte uns den doppelten Vorteil, unsre Sprache auszubilden und Kenntnisse zu verbreiten. Wenn wir alle guten Autoren bei uns einbürgern, bringen sie uns neue Ideen und bereichern uns mit der Anmut und den Reizen ihrer Schreibweise. Und wieviel würde das Publikum nicht daraus lernen! Von den sechsundzwanzig Millionen, die in Deutschland wohnen, können wohl keine hunderttausend gut Lateinisch, besonders, wenn man den Haufen von Priestern und Mönchen abzieht, deren Kenntnisse kaum so weit reichen, daß sie etwas von der Syntax verstehen. So sind also 25 900 000 Seelen von allem Wissen ausgeschlossen, nur well sie es nicht in der Landessprache erwerben können. Welche günstigere Veränderung könnte uns wohl widerfahren als die Verbreitung und Verallgemeinerung des Wissens? Der Edelmann, der auf dem Lande lebt, würde eine Auswahl von Büchern treffen, die ihm zusagen; er würde sich unterhalten und dabei belehren. Der grobe Bürgersmann würde weniger ungeschliffen sein. Die Müßiggänger fänden ein Mittel gegen die Langeweile. Der Sinn für die schöne Literatur würde allgemein werden. Liebenswürdigkeit, Sanftmut und Grazie würden sich über die Gesellschaft verbreiten, und der Unterhaltung würden unerschöpfliche Quellen erschlossen. Aus der Reibung der Geister entspränge jener feine Takt, jener gute Geschmack, der mit raschem Unterscheidungsvermögen das Schöne erfaßt, das Mäßige verwirft und das Schlechte verschmäht. Das Publikum würde zum aufgeklärten Richter werden und die neuen Schriftsteller zwingen, ihre Werte mit größerer Emsigkeit und Sorgfalt auszuarbeiten und sie nicht eher herauszugeben, als bis sie gründlich gesellt und geglättet sind.

Der Weg, den ich weise, ist nicht aus meiner Phantasie entsprungen. Er ist der Weg aller Völker, die zur Kultur gelangt sind. Einen andren gibt es nicht. Je mehr der Sinn für die Literatur zunimmt, um so mehr Auszeichnung und Erfolg haben die zu erwarten, die sie in hervorragender Weise pflegen, und um so mehr wird ihr Beispiel andre ermutigen. Deutschland erzeugt Männer der emsigen Forschung, Philosophen, Genies und alles, was man wünschen kann. Es fehlt nur ein Prometheus, der das himmlische Feuer raubt und sie beseelt.

Der Boden, der den berühmten de Vinea, den Kanzler des unglücklichen Kaisers Friedrich II., erzeugte, das Land, wo die Verfasser der berühmten Dunkelmännerbriefe geboren wurden, die ihrer Zeit weit voraus waren und Rabelais zum Muster gedient haben, der Boden, der den berühmten Erasmus hervorbrachte, dessen „Lob der Narrheit“ von Witz sprudelt und noch besser wäre, wenn man ein paar mönchische Plattheiten entfernte, denen man den schlechten Geschmack der Zeit anmerkt, das Land, wo Melanchthon geboren wurde, so klug wie gelehrt — der Boden, sage ich, der diese großen Männer hervorgebracht hat, ist nicht erschöpft und wird noch viele andre erzeugen. Wieviel große Männer könnte ich ihnen zur Seite stellen! Dreist zähle ich zu den unsren Kopernikus, der durch seine Berechnungen das Planetensystem