21. An Fouqué1
Was preisen wir doch stets die alten Zeiten?
Sag' an, warum es uns so sehr gefallt,
Zu reden von des Menschen Schändlichkeiten
Und der Verschlechterung der ganzen Welt?
Was wollen wir denn immer lang und breit
Nur so satirisch diese Welt betrachten
Und sie mit solcher Bitterkeit verachten?
Was schelten wir auf unsre eigne Zeit
Und preisen nichts als die Vergangenheit?
Moritz von Sachsen, war er weniger wacker
Als Cincinnatus? War er minder gut?
Zwar Moritz stammte aus erlauchtem Blut
Und pflügte niemals selber seinen Acker.
Schlug er drum schwächer als ein alter Held
Die Holländer auf Flanderns Siegesfeld?2
Sag' an, sind unsre Dichter denn so schlecht,
Weil sie die Muttersprache nicht verpönen?
Doch andre sagen: „Einzig die Hellenen
„Sind in der Dichtung herrlich, groß und echt.“
Virgil, Horaz, sie schrieben auf Latein,
Die Griechen griechisch, wir in unsrer Sprache.
Und da verlangt nun solch ein Richterlein,
Daß man Gedichte auf Hebräisch mache!
Gab uns denn heute nicht für den Homer
Ein gutes Schicksal einen neuen Sänger,
1 Generalleutnant Heinrich Augnst Baron de La Motte Fouque, der Freund des Königs seit den Rheinsberger Tagen. Vgl. Bd. IV, S. 39 f.
2 In der Schlacht bei Laveld (vgl. S. 73).