<293>ständnis meiner Schwäche ein Beispiel gebe, daß ein Mädchen sein leidenschaftliches Empfinden beherrschen kann. Vernehmen Sie es denn, daß ich aus Ergebenheit gegen meines Vaters Willen bereit bin, meine Gefühle zu ersticken, sollte mich die Überwindung auch das Leben kosten. Nur von meinem Vater und meiner Mutter können Sie mich erlangen. Sie sind mir lieber als die ganze Welt, allein die Kindespfiicht läßt mich Ihnen entsagen.
Mondor. Lebte je eine schönere Seele in so vollkommenem Körper? O Fräulein Julie, Sie beschämen mich, Sie verdoppeln meine Liebe, Sie steigern sie unsagbar. Ich bete Sie an, und ich soll Sie verlieren! Nein, nein! Ich will alle Hebel in Bewegung setzen, ich wage das Äußersie. Ich bitte Ihre Eltern um Ihre Hand —
Nerine. Ich sehe nur ein Hindernis. Mondor. Was ist das? Nerine. Mit Reichtümern sind Sie nicht beladen. Mondor. Wie! Die feilen Gaben des Plutus?
Nerine. Sie spielen bei Frau Argan eine bedeutende Rolle. Das ist der Kapitalpunkt, den wir bedenken müssen.
Mondor. Ich setze all meine Hoffnungen auf die hochherzige Julie. Ohne sie bin ich verloren.
Julie. Soweit es meine Ehre erlaubt, will ich alles für Sie tun. Suchen Sie aber vor allem meine Mutter zu gewinnen.
Nerine. Ich höre was kommen. Gehen Sie! Man darf Sie beide nicht beisammen finden!
Mondor (im Abgehen). Ja, schöne Julie, Ihr Herz ist mein ein und alles, mein Schutzgeist. Nur auf Sie hoffe ich noch.
Dritte Szene
Julie. N e r i n e. Dann Frau Argan (lässig auftretend)
Nerine. Es ist Ihre Mutter. Ich will ihr von unserer Sache sprechen. Julie. Sei ja auf deiner Hut!
Nerine. Ich kenne sie. Lassen Sie mich nur machen. Sie muß ein wenig vorbereitet werden. (zu Frau Argan:) Ist Ihre Migräne noch nicht vorüber, gnädige Frau?
Frau Argan. Ach du lieber Gott! Die Leiden kommen mit Extrapost, aber mit dem Gehen eilt es ihnen nicht. Man mag sich noch so gut pflegen, sie geben sich doch