<46>Um unsres Schicksals Elend aufzuwiegen:
Sonst müßten wir den Leiden ja erliegen!
An Kräften stehn wir allen Tieren nach;
Hilflos als Kind, gefährdet ohne Waffen,
Müßt' uns im ersten Lenz der Tod entraffen.
Ein künstliches Gebild, gebrechlich, schwach,
Ist unser Leib; nur eine dünne Haut
Schützt uns vor Sturm und Frost; in stetem Ringen
Gilt es, die Elemente zu bezwingen.
Mit Spinnen, Weben ward der Mensch vertraut;
Er fällte Holz, mit dem er Hütten baut,
Grub Steine aus dem Fels und schuf sich Wagen,
Die schwere Bürde knarrend fortzutragen.
Doch mehr als alles galt es sich zu nähren,
Zu helfen und die Notdurft zu erklären,
Durch Laute seiner Seele Wunsch zu künden,
Das Feuer, das uns wärmte, zu entzünden,
Zum eignen Schutz sich Künste auszudenken,
Den Stahl zu Härten und das Tier zu lenken;
So gab Natur, um unser Los zu lindern,
Den Kunsifieiß einst den schwachen Menschenkindern.
Doch wenn der Dünkel die Vernunft bezwingt
Und unser Geist zu hoch empor sich schwingt,
Wenn unser Auge dreist die Nacht durchbohrt,
Mit der Natur sich rätselhaft umflort —
Glaul' nicht, der Weltplan würd' uns offenbar:
Nur unsre eignen Schranken sehn wir klar!
Der Sinne ledig, faßt der Geist nichts mehr;
Ihr Beistand nur kann durch das All ihn tragen,
Doch ohne sie treibt er ins Ungefähr,
Ein Schifflein auf dem grenzenlosen Meer,
Das masi- und feuerlos, vom Wind verschlagen,
Ein Raub der Wogen, fern dem Heimatstrand,
Am Riff zerschellt in unerforschtem Land.
Jedes System ist voller Widersinn:
Von Scylla reißt mich's zu Charybdis hin.
Geziemt es uns, selbstherrlich zu entscheiden,
Wo tausend Rätsel sich in Dunkel kleiden?