12. AN DEN CHURFÜRSTEN ZU MAINZ.9-1

Berlin, 19. Juni 1740.

Es haben Uns des Herrn Landgrafen Wilhelm zu Hessen-Cassel Liebden unvermuthet zu vernehmen gegeben, welcher Gestalt Ew. Churfürstliche Würden und Liebden zu Behauptung der ganz neuerlich prätendierten Landeshoheit über den hanau-münzenburgischen Ort Rumpenheim solche militärischen Anstalten vorgekehret, welche auf offenbare Thätlichkeiten angesehen zu sein schienen, indem fast die ganze Garnison aus Mainz nebst acht Canons und einer starken Anzahl bewaffneter Bauern dahin commandieret worden, also dass das auf unstreitigem hanauischen Grund und Boden stehende waldenheimische Regiment sich stündlich eines Angriffs zu besorgen habe.

Ew. Churfürstliche Würden und Liebden werden nach Dero hohen Begabniss von Selbst ermessen, was dergleichen gegen einen benachbarten evangelischen Fürsten vorhabende Vergewaltigung, wann solche ins Werk gesetzet werden sollen, für ein grosses Aufsehen im Reich erwecken würde, und wie leicht dadurch gefährliche Unruhe und Weiterung in dortiger Gegend entstehen könnte, welche aber zu verhüten und Friede <10>und Ruhe im Reich aufrecht erhalten zu helfen, die heilsame Reichsgesetze Uns und andere Stände anweisen und verbinden. Wir haben Uns dahero nicht entbrechen können, Ew. Churfürstliche Würden und Liebden zuforderst dieses hierdurch wohlmeinend zu Gemüth zu führen, und tragen zu dero bekannten Liebe zu Recht und Billigkeit das gute Vertrauen, Sie werden als ein vornehmer Churfürst in vorerwähnter Dero nachbarlichen Irrung mit des Herrn Landgrafen zu Cassel Liebden vielmehr einer gütlichen Handlung oder allenfalls derordentlichen Justizpflege Platz zu geben geneigt, als Dero etwa zu haben venneinende Befugniss sofort durch Gewalt der Waffen auszuführen und solcher Gestalt ein landverderbliches Kriegsfeuer anzuzünden gesinnet sein, welches vielleicht zu Dero eignem grössesten Schaden ausschlagen möchte, wann zumalen auch andere Stände, nach Massgab der Handhabung des Landfriedens, dazu mitbeitreten sollten. Wie Wir dann Unseres Orts, nach Verordnung solcher Reichssatzung, und als ein Erbverbrüderterdes fürstlichen Hauses Hessen, auf bedürfenden Fall Uns nicht würden entziehen können, vorher ermeldtem Sr. Liebden dem Herrn Landgrafen Wilhelm gegen unrechtmässige Gewalt und Beunruhigung den nöthigen Schutz und Hülfe zu leisten.

Wir wünschen aber, dass es zu solcheräussersten Weitläuftigkeit nicht kommen, sondern Ew. Churfürstliche Würden und Liebden Dero Truppen und Landmiliz fordersamst von denen hessen-hanauischen Grenzen zurückzuziehen und den obwaltenden Streit in Güte oder durch den Weg Rechtens abzuthun sich entschliessen möge, als welches Wir Deroselben hierdurch freundlich und wohlmeinend anrathen, im übrigen aber Ew. Churfürstliche Würden und Liebden zu Erweisung angenehmer Gefälligkeiten jederzeit bereit und geflissen verbleiben.

Friderich.

A. B. Borcke. H. v. Podewils. Thulemeier.

Nach dem Concept.



9-1 Vergl. Preussische Staatsschriften I, 1 ff.