III.
Geheime Instruction vor d e n Generalfeldmarschall von Lehwaldt, wie derselbe sich zu verhalten hat, im Fall es bei dem vermuthenden Kriege mit Russland zu einer Friedensnegociation kommen würde.

Nachdem Ich Euch bereits in Meiner Instruction, die dortige militärische Operationes betreffend, bekannt gemachet habe, wie Ihr Euch auf den Fall eines glücklichen Sieges gegen die Russen verhalten sollet, um denenselben die Herstellung des Friedens anzubieten, so dienet Euch deshalb zu Eurer ferneren Direction, dass Ich Euch desfalls keine positive Instruction geben kann, weil die Umstände sehr différent sein können. Wann Ihr aber den ersten Brief an den commandirenden russischen General geschrieben haben werdet, so müsset Ihr die Antwort darauf erwarten, um zu sehen, ob solche favorable oder conträr ausfället. Ist solche aber favorable, so müsset Ihr weitere Ouvertures thun.

Hierbei aber seind viele Sachen in Consideration zu nehmen, auf dass man sich in keinem Stücke versieht. Habt Ihr mit denen Russen eine Bataille gehabt, ehe und bevor Ich mit denen Oesterreichern zu einem Engagement gekommen bin, so muss der Friede pur mit denen Conditionen gemachet werden, dass die Russen pur und platt in denen teutschen Sachen neutral bleiben und sich weder von dem Kriege, welchen Ich sodann mit der Königin von Ungarn hätte, noch sonsten von einigen teutschen Reichssachen im geringsten meliren, alle Hostilitäten zwischen beiden Nationen aufhören, vielmehr zwischen beiden ein beständiger Friede sein, und alles, was geschehen, in voll<456>kommene Vergessenheit gestellet, auch von beiden Theilen mutuellement Gesandten geschicket werden sollen.

Sollte es aber sein, dass Ich die österreichische Armée vorhin total geschlagen hätte und Meine Avantages so anwüchsen, dass Ich nichts vom Feinde zu befürchten, so müsste Eurerseits auf eine Indemnisation wegen der Mir und Meinen Landen zugefügten Schäden insistiret werden.

Weilen aber die Russen wenig Geld haben, so müsstet Ihr Euch nach dem Terreur richten, welchen sie alsdann wegen der verlorenen Bataille hätten. Fändet Ihr, dass der Schrecken und der Terreur sowohl in der Armée als zu Petersburg sehr gross wäre, wie dann dergleichen Consternation nicht verschwiegen gehalten werden kann, so müsstet Ihr zur Indemnisation wegen der zugefügten Schäden durch den Krieg auf die Possession von dem ganzen Antheil von Polnisch Preussen, und dass die Russen sich deshalb mit denen Polen zu verstehen hätten, antragen und insistiren.

Wäre aber der Terreur nicht so gross wie obgedacht, so müsste man sich auch mit wenigerem begnügen, als etwa die Possession von Elbingen und einigen Starosteien, als Thorn, Culm p., und sehen, wie weit man damit durchkommen könne.

Dieser Articul aber muss allemal der vornehmste und der sine qua non sein, dass die Russen sich verbinden, sich auf keine Art noch Weise und unter keinerlei Prätext, weder directe noch indirecte, in dem jetzigen teutschen Kriege zu mehren, so lange selbiger dauren und die jetzige Streitigkeiten continuiren könnten, und dass insonderheit die Russen sich obligiren, das Haus Oesterreich auf keine Art noch Weise, so wenig gegen Mich als NB gegen Meine Alliirte, zu unterstützen.

Sobald Ihr so weit gekommen seid, dass Ihr die Russen nachdrücklich geschlagen und ihnen dadurch einen Terreur gemachet haben werdet, so werde Ich von Euch gewiss einen Courier mit Eurem umständlichen Bericht haben können, und werde Ich alsdann sehen, wie hoch man den Bogen wird spannen können oder nicht.

Sonsten empfanget Ihr anliegend das auf den Fall einer Friedensnegociation mit Russland erforderliche Pleinpouvoir,456-1 wobei Ihr zu observiren habt, dass wenn es zu denen Friedensconferenzen käme und der commandirende russische General selbst die Commission und Vollmacht dazu erhielte, Ihr alsdenn solche mit ihm selbst [halten] und von Eurem Pleinpouvoir Gebrauch machen müsstet. Wenn aber gedachter russischer commandirender General jemanden anders dazu nennete, so müsset Ihr solchenfalls den Generallieutenant Grafen von Dohna dazu schicken, als vor welchen Ihr solchenfalls ein besonderes Pleinpouvoir hierbei empfanget. Wie aber zugleich nöthig ist, dass, es sei nun dass Ihr selbst oder der Generallieutenant Graf Dohna solche Conferenz anträtet, noch jemand dabei sei, der in dergleichen Sachen schon routiniret ist und<457> der sowohl die Richtigkeit der gegenseitigen Vollmachten, als auch derer Propositionen, so man Euch thun wird, examinire und sehe, ob etwas equivoques oder chicaneuses darin enthalten, so nachher auf verschiedene Art gedrehet und ausgeleget werden könne, auch der sonsten, wenn es wirklich zu einem Tractat kommen sollte, das Project davon entwerfen und zugleich die erforderliche Curialien und Ceremoniels, so bei dergleichen üblich sein, observire, als benenne Ich dazu den dortigen Etatsminister von Rohd, welcher als zweiter Plenipotentiarius dabei sein und vorgedachtes alles und was darunter sonst erfordert wird, observiren soll. Es kann derselbe sich inzwischen zu Königsberg aufhalten, bis etwa die Umstände erfordern, dass Ihr solchen zu Euch kommen lasset.

Gegeben Potsdam, 23. Juni 1756.

(L. S.)

Friderich.

Nach dem Concept.



456-1 Vergl. S. 444. Die Vollmachten für Lehwaldt sowohl, wie für Dohna (vergl. S. 459) und für Rohd (S. 460) liegen nicht mehr vor.