8347. AN DEN ETATSMINISTER VON BORCKE IN TORGAU.

Dresden, 19. November 1756.

Da Ich zu soupçonniren und zu merken anfange, wie sich die Dissimulation, Falschheit, unrichtige Abgaben und Betrug bei denen Kassen unter der vorigen Administration des Grafen Brühl dergestalt in hiesigem Lande ausgebreitet hat, dass solche fast auf alle die mit Kassen und Geldsachen in Sachsen zu thun habende Bediente gekommen und gemein geworden ist, dergestalt dass es ganz nichts seltenes gewesen, Leuten unrichtige Quittungen auf- oder abzudringen oder auch ihnen dergleichen als bezahlte Posten zu gewissem Behuf zu geben, die aber nachher allererst zu ganz andern Händen bezahlet worden, so habe Ich nicht anstehen können, Euch davon zu benachrichtigen, damit Ihr sowohl selbst als die Membra des Feldkriegesdirectorii und diejenigen, so Ihr zu Untersuchung der Kassen verschicket, sich darnach dirigiren können, und dass selbige nicht simplement denen Angaben, vorgezeigten Rechnungen und Quittungen derer sächsischen Kassenbedienten glauben, sondern sich von solchen mefiiren und sich deshalb Proben, deren sich dergleichen Rendanten nicht versehen, machen, auch selbst, so viel nur immer möglich ist, auf den Grund sehen. Das Exempel, was mit denen Geldern zu Langensalza passiret ist, wird hierunter zu einiger Erläuterung dienen, immaassen, daferne Ich nicht von guter Hand davon avertiret worden wäre, dieser ganze Post gewiss in fremde Hände gekommen und alsdann als vorhin schon bezahlet oder vorgeschossen angegeben, auch mit Quittungen beleget worden sein würde. Ich will auch zu Eurer nähern Einsicht anheimstellen, wie weit die Anzeige gegründet<53> sei, so Mir geschehen wollen, als ob noch bis diese Stunde dergleichen ostensible Quittungen über Geldposten gegeben werden, dadurch als bezahlet in Rechnungsausgabe geführet, die aber allererst nach und nach eingehoben und unter der Hand an den hiesigen Hof oder auch nach Polen eingesandt werden.

Ich glaube, dass die von Euch und dem Feldcommissariat der Kassen halber gemachte Einrichtungen gut seind. Wie aber der Geist von Malversation und Betrug bei denen hiesigen Leuten durch die gemachte üble Administration so sehr eingerissen ist, dass man Mühe hat, solches zu glauben, so müsset Ihr und alle von Euch relevirende Bediente und Untergebene deshalb sehr auf Eurer Hut sein und auf keine Angabe der sächsischen Leute trauen, vielmehr Euch stark davon mefiiren und nichts vor richtig annehmen, was nicht vollkommen klar gemachet und dargethan worden ist; wie Ihr denn nebst dem Feldkriegesdirectorio tagtäglich auf solche Einrichtung arbeiten müsset, wodurch die hiesige Kassensachen aus ihrer vorigen, [in] schädlichen Absichten gesetzten Dunkelheit und Verwirrung gezogen und ganz klar gemachet werden. Insonderheit müsset Ihr diejenigen, so nur auf einige Weise betreten werden, sie mögen sein, wer oder wo sie wollen, dass sie Gelder heimlich detourniret oder an andere Orten abgeliefert haben, als sie sollen, nach aller Rigueur bestrafen, damit ein Exempel und Furcht unter die Art Leute komme.

Dass mit der Ablieferung der Rekruten gleichfalls viel Malitiöses vorgehe, eines Theils aber auch solche durch allerhand vorgefasste Meinungen verhindert werde, daran müsset Ihr gar nicht zweifeln, und wird Euch das in Abschrift anliegende Schreiben53-1 einen kleinen Beweis davon geben. Es ist also ohnumgänglich nöthig, dass Ihr mit dem Feldkriegesdirectorio Euch an die angebliche Klagten und Vorstellungen von Ohnmöglichkeit, die gewiss grösstentheils ungegründet sein und andere üble Absichten haben, gar nicht kehret, vielmehr mit allem Ernste gerade durch fahret und was die Güte nicht ausrichten kann, durch Ernst und Nachdruck zu Wege zu bringen suchet, maassen Ich versichert bin, dass, wenn dem sächsischen Hof die Zeit gelassen worden wäre, dass derselbe nach dem mit den Oesterreichern vorgehabten Projecte diesen Winter die Armée bis auf 30,000 Mann mehrsetzen und augmentiren sollen, es hier im Lande an Rekruten dazu nicht gefehlet und man die Stände zu deren Lieferung ohnerachtet alles ihres Protestirens und Geschrei obligiret haben würde.

Uebrigens, da Ich von Euch ehegestern durch den Director Cautius verschiedene Nachrichten53-2 auf das fordersamste zu wissen verlanget habe, so erwarte Ich solche Nachrichten und Berichte auf das schleunigste und mit aller Ungeduld.

Friderich.

Nach dem Concept.

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53-1 Liegt nicht mehr vor.

53-2 Nicht bestimmbar.