8446. AN DEN GENERALLIEUTENANT GRAF SCHMETTAU IN DRESDEN.

Instruction vor den Generallieutenant Graf von Schmettau wegen der ihm an das Ministerium zu Hannover aufgetragenen Commission.

Dresden, 17. December 1756.

1. Wenn Ihr zu Hannover angekommen seid, habt Ihr Euch bei dem dortigen Etatsminister Baron von Münchhausen ansagen zu lassen und ihm beikommendes Mein Schreiben an denselben145-1 mit einem convenablen Compliment von Meinetwegen zuzustellen und in einer besonderen Visite Meine an ihn und an das churhannövrische Ministerium Euch aufgetragene Commission zu eröffnen.

2. Diese nun bestehet hauptsächlich und überhaupt darin, dass Ihr gedachtem Ministère zuforderst die wirkliche und wahre Desseins, so der Feind gegen Mich sowohl als gegen Sr. Königl. Majestät von Grossbritannien teutsche Staaten machet, zu eröffnen und zu detailliren, nämlich:

1) Dass er Mich mit vier Armeen in Schlesien sowohl als in Sachsen künftiges Frühjahr attaquiren will.

2) Dass er eine Observationsarmee im Reiche bei Nürnberg haben wolle.145-2

3) Dass die Franzosen gleich mit Anfang des kommenden Frühjahrs mit einem besonderen Corps gegen den Niederrhein agiren und Wesel nehmen wollen, um allda fermen Fuss zu fassen und einen gesicherten Uebergang über den Rhein zu haben, um alsdenn durch Westphalen gegen die hannövrische Lande zu agiren, solche zu devastiren und selbige, wie ehemals denen churpfälzischen Landen durch den Melac begegnet worden, mit Feuer und Schwert zu ruiniren.145-3

3. Dabei sollet Ihr sagen, so wären die Projets, sie schienen fürchterlich zu sein, aber wir könnten uns mit Ehren aus der Sache ziehen, wenn wir wollten; welches jedoch gleich geschehen und sonder den geringsten weiteren Zeitverlust die Mittel ergriffen werden müssten, uns in der gehörigen und nothwendigen Positur zu setzen.

4. Die Mittel, so Ich dazu anzeigete, wären, eine Armee zu versammeln; diese könnte bestehen aus

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Churhannövrische Truppen24,000 Mann.
Hessische Truppen8,000 "
Wenn der Landgraf Subsides bekäme, so könnte er noch fourniren4,000 "
Wenn der Accord sogleich mit dem Herzog von Braunschweig145-4 gemachet würde, so wären von ihm zu bekommen5,000 "
Daferne es mit Gotha convenablement angefangen werde,146-1 so wären daher zu erhalten3,000 Mann.
Wären zusammen44,000 Mann.

5. Wenn dieses Corps bei Zeiten und gegen das Frühjahr nach Westphalen geschicket und zwischen dem Clevischen und dem Hannövrischen kommen würde, so könnten sie versichert sein, dass es denen Holländern, die schon inclinirten, eine Augmentation von 25,000 Mann zu machen,146-2 Courage inspiriren würde, so dass, wenn sie sehen, dass sie epauliret werden, gerne solche dazu geben würden. Und dieses sei capabel die Franzosen abzuhalten, gar nicht über den Rhein zu gehen.

6. Weil man aber sich darauf nicht ganz und gar verlassen könnte, so erforderte doch die Prudence Mesures zu nehmen, wann dem ohnerachtet die Franzosen über den Rhein gehen wollten; deshalb schlüge Ich alsdenn das Lager hinter der Lippe vor, als durch welches alles gedecket würde.146-3 Dieweil aber das erste und vornehmste mit sei, dass eine Armee Subsistance und zu leben habe, so sei es höchst nothwendig, sogleich Magazins für solche zu machen und anzuschaffen, welcher Punkt keinen weiteren Zeitverlust litte.

7. Was Ich von Meiner Seite dabei thun könnte, seie, dass Ich gewiss ein Corps Truppen dazu stossen lassen würde, sobald Ich gewiss wäre, dass die Russen nichts gegen Mich thun würden;146-4 so lange aber Ich davon nicht gewiss bin, so ist wohl nach aller Billigkeit zu erachten, dass Ich nichts am Rhein thun kann. Hergegen kann Ich die hannövrische Lande gegen das Reich zu und gegen die Oesterreicher vollenkommen decken.

8. Ihr könnt dem hannövrischen Ministerio zu verstehen geben, dass, auf den Fall es keine Mesures nehmen wolle, um zu ihrer eigenen Sicherheit Wesel zu souteniren und zu succurriren, Ich auch solchen Falls nicht anders könnte, als Meine Regimenter und Canons von dar in Zeiten herauszuziehen,146-5 zumalen diese Festung ohnedem so beschaffen wäre, dass ohne Suceurs solche bei einer Belagerung in einer Zeit bis vier Wochen verloren wäre. Dieses aber würde Ich nicht eher thun, als bis Ich von dem Ministerio Antwort hätte.

9. Weil auch die Franzosen schon in kommendem Monate Martio agiren wollen, so müsset Ihr denen Ministres die Nothwendigkeit zeigen, sowohl die Armee als auch die Magazine vor solche zusammenzubringen; Ihr müsset Ihnen auch wohl zeigen und begreifen machen, dass wo sie nicht gleich und in Zeiten dazu thäten, alsdenn und hiernächst alle; zu späte sein würde, so dass, wenn sie nachher auch alles würden thun und anwenden wollen, solches nicht mehr Zeit und zu späte sein würde.

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10. Unter der Hand könnet Ihr Ihnen auch insinuiren, wie man meinete, dass der Churfürst von Köln sich wohl auf die österreichische und französische Seite declariren dörfte, dabei Ihr denn denen Ministres adroitement glissiren könnet, dass solches vielleicht eine gute Gelegenheit vor Hannover geben könnte, das Osnabrücksche147-1 und Paderbornsche und vielleicht gar das Münstersche davon zu tragen. Welches Ihr aber ihnen gleichsam nur vor Euch hinwerfen müsset, um zu sehen, wie sie es agreiren.

11. Ich habe auch in sichere Erfahrung gebracht, dass verschiedene Rosshändler, im Hannövrischen wohnhaft, ansehnliche Lieferungen an Remontepferden vor die österreichische Cavallerie übernommen, dass sie solche im Oldenburgischen, Hannövrischen, auch zum Theil unter der Hand im Ostfriesischen aufkauften und denen Oesterreichern zuführeten,147-2 wie denn auch dergleichen Lieferung noch nächstens bei Hannover von einem Rosshändler Oehlers geschehen sollte. Das enge und genaue Vernehmen, wo[rin] Ich mit des Königs von Grossbritannien Majestät stehe, und die gemeinschaftliche Sache, so wir jetzo mit einander zur gemeinsamen Defension haben, lässet mich hoffen, es werde das Ministerium dergleichen Zubringen von Pferden an die Oesterreicher so wenig als an die Franzosen auf Eure deshalb zu thunde diensame Remonstrationes, und dass dadurch unsern Feinden dergleichen zugeführet werde, dessen man mit der Zeit im Hannövrischen selbst benöthiget sein dörfte, nicht weiter gestatten, sondern solches mit guter Art verhindern.

12. Ihr müsset Mir übrigens schreiben und berichten, wie weit Ihr meinet, dass Ihr mit gedachten Ministres kommen werdet, und ob Ihr meinet, mit denenselben was auszurichten, oder aber ob nichts mit ihnen anzufangen sei. Worunter Ich Mich dann in allen Stücken auf Eure pflichtmässige Treue und Dextérité gänzlich reposire.

Friderich.


Nach der Ausfertigung.



145-1 Nr. 8447.

145-2 Vergl. S. 138.

145-3 Vergl. S. 120.

145-4 Vergl. S. 128.

146-1 Vergl. S. 56. 64. 14S.

146-2 Vergl. S. 135.

146-3 Vergl. S. 65. 132.

146-4 Vergl. S. 122; Bd. XIII, 609.

146-5 Vergl. S. 118.

147-1 Vergl. Bd. VI, 57.

147-2 Vergl. auch Bd. XIII, 13. 14. 74. 75.