10344. AN DEN GEHEIMEN COMMERZIENRATH VON REXIN IN KONSTANTINOPEL.

Lager bei Schönfeld, anderthalb Meilen von Dresden, 20. September 1758.

Da ich schon anfing mich zu beunruhigen, ob auch die durch die bewusste Armenianer übersandte Briefe255-7 dorten richtig angekommen, insonderheit aber, ob der noch vorhin schon abgereisete Courier255-8 mit denen Hauptsachen arriviret oder aber einer oder andere verunglücket sei, so erhalte ich endlich zu meiner besonderen Satisfaction Dero höchst angenehmes Schreiben vom 15. Juli, so mich völlig beruhiget hat, und dessen Einhalt unserm Herrn Principal,255-9 den ich solches auch lesen<256> lassen, sehr viel Zufriedenheit gegeben.256-1 Alles, was Dieselbe von Mir darin verlangen, ist getreulich besorget worden. Dem Benoît ist verlangter Maassen ein Chiffre zur Correspondenz mit Ihnen zugesandt,256-2 auch demselben zugleich das höchste Secret auf Ehre, Leben und Reputation eingebunden worden. Der Chiffre fängt verlangtermaassen mit 1118 an und verfolget von dar die Zahlen sowohl durch alle Significantes als auch durch alle Nonvaleurs und offen gelassene Numeros, wornach Sie Ihre Mesures nehmen können.

Dass Sie von uns wenig oder gar keine Zeitungen erhalten haben,256-3 solches wundert mich nicht, da unsere Correspondance vorhin gar nicht eingerichtet gewesen; dass aber auch Porter nichts dergleichen erhalten, das befremdet mich, wenigstens sollte er wissen, dass der Prinz Ferdinand von Braunschweig mit einiger Kavallerie von uns, so unser König ihm geschickt, und mit den hannoverschen Truppen, nicht nur im verwichenen Monat März und April die französische Armee unter dem Prinz Clermont in einer Bataille recht tüchtig und mit grossem Verlust geschlagen hat,256-4 sondern dass auch die Engelländer das Cap Breton in Amerika genommen und denen Franzosen dadurch einen capitalen Stoss beigebracht und den considerablesten Theil ihres Commercii ruiniret haben.

Inzwischen ist von unserm Herrn Principal dem Herrn Grafen von Finckenstein aufgetragen,256-5 Sie von allem, so hiesiger Orten vorgehet, successivement durch Briefe über Amsterdam zu informiren, damit Sie dorten Ihren Gebrauch davon machen können.

Ich gratulire zu Dero bisherigem Success; was Sie aber von der Passion des Grossveziers256-6 schreiben, macht mich glauben, dass Sie werden sehr auf Ihrer Hut sein und alle Adresse gebrauchen müssen, damit die gegenseitige Minister nicht Mittel und Wege finden, dasjenige Gute, so Sie ausgerichtet, wieder umzustossen und die Pforte von neuem einzuschläfern.

Eichel.

Machen Sie, dass dorten die Sachen nach des Königs Wunsch und Verlangen gehen, und seind versichert, dass der König gegen Sie auf das gnädigste dankbar sein wird, und dass Ihr Glück gemachet ist.

Nach dem Concept.

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255-7 Vergl. Bd. XVI, 351.

255-8 Vergl. Bd. XVI, 260.

255-9 Der König. Rexin hatte am 15. Juli ein Schreiben an den König und eins an den, wie es scheint, ihm auch persönlich befreundeten, Eichel gesandt. Vergl. S. 242. Anm. 2.

256-1 Rexin hatte u. a. an Eichel geschrieben: „Das Volk [in Konstantinopel] erhebt den König bis an den Himmel mit seinen glorieusen Waffen; man höret nichts auf den Strassen und den Kaffeehäusern als: Brandenburg! Brandenburg!“

256-2 Cabinetserlass an Benoît, Schönfeld 17. September.

256-3 Vergl. S. 242. Anm. 2.

256-4 Vergl. S. 118.

256-5 Vergl. Nr. 10343.

256-6 Rexin hatte gemeldet, der Grossvezier (Racheb Pascha, vergl. Bd. XVI, 424) „sei geldhungrig“ .