10739. AN DEN OBERSTLIEUTENANT VON REICHMANN, VICECOMMANDANT IN MAGDEBURG.

Breslau, 24. Februar 1759.

Da Ich Euch bereits den Posten eines Vicecommandanten bei der Stadt und Festung Magdeburg dahin anvertrauet habe,84-3 dass Ihr eigentlich alles und jedes bei dortigem Gouvernement und dasiger Festung vorfallende dirigiren und besorgen sollet, so dass nichts darunter sonder Eure Disposition und Genehmhaltung geschehen muss, dagegen Ich Mich auch hauptsächlich an Euch halten werde, so mache Ich Euch hierdurch nunmehro bekannt, wie Ich aus bewegenden Ursachen resolviret habe, des Erbprinzen von Hessen Cassel Liebden, nachdem Ich Dieselbe zum General von der Infanterie declariret habe, auch als Vicegouverneur zu Magdeburg zu bestellen.84-4 Damit Ihr aber von Meiner eigentlichen Willensmeinung dabei recht informiret seid, so soll Euch hierdurch zu Eurer Direction und secreten Instruction, die Ihr nur lediglich vor Euch alleine behalten müsset, dienen, dass diese Bestellung gedachtes Erbprinzen Liebden zum dortigen Vicegouverneur eigentlich nur ad honores wegen seiner Naissance und Qualité, auch sonst aus andern bewegenden Ursachen84-5 geschiehet, und dass mithin mehrerwähnten Erbprinzen Liebden zwar dorten alle öffentliche und gewöhnliche Honneurs, so ihm als Prinzen sowie auch als General von der Infanterie und Vicegouverneur gebühren,<85> gemachet werden sollen, Ihr auch mit ihm in allen ordinären Sachen communiciren müsset, unterdessen aber Ich Euch eigentlich alleine als den wahren Gouverneur der Festung in allen Sachen, so Meinen Dienst betreffen, ansehe, und Ihr Euch also darunter so dirigiren müsset, dass nichts dorten sonder Euch und sonder Eure Disposition, noch auch sonder Eure Genehmhaltung geschehen muss. Dabei Ihr auf Pflicht und Ehre lediglich und allein auf Meinen wahren Dienst und auf das Beste der Festung und der Garnison, auf die Ordre und Disciplin bei solcher, desgleichen auch bei dortiger Bürgerschaft und endlich auch bei kommenden Fällen auf eine rechtschaffene Defension der Festung und solche gegen feindliche Anfälle in Respect zu halten, überall aber auf die Ehre Meines Dienstes sehen und genau halten müsset.

Was den dortigen Commandanten Generallieutenant von Borcke anbetrifft, da muss Euch derselbe alle Information und Nachrichten von denen dortigen Umständen der Festung, des Magazins und Zeughauses p. geben; sonsten aber kann Ich auf denselben wegen seines Alters und seiner Schwachheiten wenig oder gar nichts mehr rechnen.

Es wird Mir übrigens auch sehr lieb sein, wenn Ihr Euch mit des Erbprinzen Liebden, als dortigen Vicegouverneur, jederzeit solchergestalt werdet betragen und es so einleiten können, dass Ihr in guter Harmonie und Einigkeit mit ihm lebet, und dass wenigstens keine äusserliche Eclats und Disharmonie zwischen Euch und ihm entstehe. Jedennoch aber muss allemal Mein wahrer Dienst in allen Sachen Euer Hauptobject bleiben, und Ihr solchen aus keiner Absicht oder Consideration unterlassen. Zu dem Ende Ich Euch hierbei mit einer aparten offenen Ordre85-1 versehe, die Ihr gegen die Officiers der dortigen Garnison und sonsten, jedennoch nicht anders noch eher, als wann es die Umstände und die Nothwendigkeit absolute erfordert, produciren und alsdann nur allererst davon Gebrauch machen sollet, wenn Ihr Eure Autorität dorten in Egard des Erbprinzen nothwendig legitimiren müsset. Ihr sollet übrigens auch dieses Mein Schreiben genau secretiren, weil es Euch nur zu Eurer ganz geheimen, jedoch nachdrücklichen Instruction dienen soll.

Friderich.

Nach Abschrift der Cabinetskanzlei.



84-3 Cabinetserlass d. d. Breslau 23. Februar. Reichmann war an Stelle von Wangenheim (vergl. S. 68) Vicecommandant geworden.

84-4 Am 24. Februar ergeht an den Erbprinzen ein Cabinetsschreiben, in welchem ihm seine Ernennung zum General der Infanterie und zum Vicegouverneur von Magdeburg angekündigt wird. „Ich werde auch die nöthige Sorge tragen, damit Ew. Liebden wegen des mit solcher Function verknüpften vielen und ohnendlichen Details durch einen von Mir annoch zu ernennenden Vicecommandanten soulagiret werden müssen.“ Dem Prinzen Heinrich wird am 26. Januar die Ernennung des Erbprinzen und des Oberstlieutenants von Reichmann mitgetheilt, mit der Weisung, „in vorkommenden Fällen sich hauptsächlich an den Vicecommandanten von Reichmann zu adressiren“ . Vicegouverneur wurde der Erbprinz, da Prinz Ferdinand von Braunschweig Gouverneur war. Vergl. Bd. XI, 248.

84-5 Vergl. Bd. XVI, 98 ; Bd. XVII, 264. 265.

85-1 D. d. Breslau 24. Februar.